Elevate
- das Festival für Musik, Kunst und politischen Diskurs startet am Mittwoch in
Graz.
Die
brennenden Fragen unserer Zeit werden zwar auch am Elevate-Festival von der
IT-Seite her betrachtet. Nicht nur, weil im Netzwerk Mutter Erde auch der
gemeine Einkäufer und Patient per Kunden- und E-Card selbst zum Datenträger
geworden ist, sind die daraus entstandenen Themenbereiche aber längst von
gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Schließlich gibt es heute auch für
Aussteiger oder, sagen wir, Senioren ohne Smartphone und Heim-PC kein Entkommen
mehr. Eingedenk der im Grenzland zu Überwachung und Verfolgung angesiedelten
Problemfelder, die den großen Bruder nach George Orwell und ähnliche
literarische Szenerien nicht länger als Zukunftsvision für die dem Untergang
geweihte Nachkommenschaft erscheinen lassen, ist Paranoia allerdings auch kein
Ausweg. Das Elevate begegnet dem täglich breiter werdenden Themenkosmos mit klarem
Blick und analytischem Zugang.
Nachdem
das Vorjahresmotto „Elevate The Apocalpyse?“ über den letztlich ausgebliebenen
Weltuntergang die Möglichkeit dazu ließ, stehen heuer Aspekte der
Transparenzgesellschaft und dabei etwa auch Facetten der „Open“-Bewegung auf
der Agenda. Unter der Überschrift „Elevate Open Everything?“ wird die
Ausdehnung des Software-basierten Open-Source-Gedankens auf die Wissenschaft (niederschwellige
„Open Science“ zugunsten von Forschung und Gesellschaft) oder mit angedachten
Creative-Commons-Lizenzen für Saatgut auch auf die Landwirtschaft diskutiert –
womit beispielsweise der Abschied von hierarchisch geprägter
Konzern-Philosophie hin zur demokratisierten Nutzbarkeit zwischen Mehrweg und
Mehrwert eingeläutet wäre.
Diskurs und Tanz
Weil
Entwicklungen rund um die Neuen Technologien schwer vorhersehbar sind, zwingt
sich das Elevate dabei nicht, Antworten zu liefern. Nach der Eröffnungsrede, die
der auf Computersicherheit gebuchte Netzaktivist Jacob Appelbaum halten wird,
werden vor allem die richtigen Fragen gestellt. Zentral etwa jene nach dem
systemimmanenten Zwiespalt, durch erhöhte Sichtbarkeit die Kritik an
Autoritäten zu befördern, dafür aber die jederzeitige Überwachbarkeit des Users
in Kauf zu nehmen.
Zu
Vorträgen und Diskussionen kommen am Elevate kritische Dokumentarfilme und
Workshops. Sein Ende findet der Diskursteil am Sonntag, wenn mit den Elevate
Awards „Menschen,
Initiativen und Projekte, die sich positiv, nachhaltig und innovativ für die
Gesellschaft engagieren“ ausgezeichnet werden.
Die
Musikschiene hingegen bringt die tanzbaren Ambient-Sounds von Jon Hopkins
ebenso nach Graz wie eine Leistungsschau des New Yorker Labels L.I.E.S. Records,
den House-Veteranen Lil Louis oder den Wiener Produzenten Dorian Concept, der
den Freitag im Dom im Berg kuratiert. Weil es aber auch auf dem Dancefloor
reflektiert zugehen darf, bietet „hoergeRede – Festival für Text, Ton und
Diskurs“ als Veranstaltung innerhalb der Veranstaltung etwa auch ein
Aufeinandertreffen von Electric Indigo an den Turntables mit der
Schriftstellerin Olga Flor.
Von 23. bis 27. Oktober in Graz: www.elevate.at
(Wiener Zeitung, 23.10.2013)
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