Die
US-amerikanische Alternative-Institution Yo La Tengo bespielte das Wiener WUK
Für
die Neigungsgruppe im Saal dürfte eines dann doch irritierend sein: die
halbstündige Umbaupause, die Yo La Tengo nach knapp 45 Spielminuten einlegen nämlich.
Immerhin haben wir uns weder am Jazz Fest noch im Konzerthaus, sondern anlässlich
der Wiederbegegnung mit einer US-Indie-Institution im Wiener WUK eingefunden.
Und
auch der Grund der Unterbrechung ist ungewohnt, trennt diese doch die erinnerte
Kernkompetenz in Sachen Krawallrock des – pardon! – eigentlichen Konzerts von einem
Vorspiel auf halbakustischer Basis. Zwar mögen Yo La Tengo in ihrer dreizehn
Alben, 29 Dienstjahre und mindestens ebenso viele stilistische Nuancen umfassenden
Karriere schon immer auch in Richtung Dream-Pop mit Hang zur Atmosphäre gedriftet
oder mitunter Folkanklängen verschrieben gewesen sein. So zurückgenommen und auch
für ihre Verhältnisse verhuscht wie heute allerdings erlebt man die Band dann doch
nicht alle Tage.
Kollektiv-Eskapismus
Im
Vordergrund stehen zunächst die Songs des aktuellen Albums „Fade“. Dieses darf
als Alterswerk bezeichnet werden. Unter zeitweiliger Beigabe von (live außen
vor bleibenden) Streichern, wie man sie auch bei Lambchop hören könnte, und mit
der zurückgelehnten Erscheinung einer Band, die nichts mehr beweisen muss und stattdessen
nur mehr wollen darf, wird dabei gerne auch die Gemeinschaft beschworen. Dass
Georgia Hubley am Schlagzeug und Ira Kaplan an der Gitarre als verheiratetstes
Kreativdoppel des US-Rock hier quasi auch ihr Ehegelöbnis erneuern: schön. Mit
dem kollektiv-eskapistischen „Before We Run“ etwa stammt ein Konzerthöhepunkt aus
dieser Ecke.
Neben
Klassikern wie „Black Flowers“ oder dem „You Can Have It All“-Cover der Band
als Soundtrack-Angebot für die Indie-Komödie unseres Vertrauens (Regie: Jason
Reitman!) gibt es aber auch etwas auf die Ohren. Näher an den Kollegen von
Pavement stehender Schrammelrock mit melodischem Mehrwert trifft auf weit ausladende
Mantras, zu denen Kaplan die Gitarre würgt. Die Saiten wah-wahen, das
Schlagzeug kawummst. Aus dem letzten Loch pfeift der Verstärker.
Fast
so überraschend wie die Umbaupause ist an diesem Abend, dass die nostalgische Stimmung
auf der nach oben offenen Paul-McCartney-Skala in den hochroten Bereich tendiert.
Das Indie-Universum? Toll, aber auch nicht mehr, was es einmal war.
(Wiener Zeitung, 9./10.11.2013)
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