Devonté Hynes
(Lightspeed Champion) und sein zweites Album als Blood Orange
- Auf dem Album „Cupid
Deluxe“ schmust vor allem das Saxofon
Im
Alter von 27 Jahren kann Devonté Hynes nicht nur bereits auf eine gute Menge an
Output zurückblicken. Er kann dabei vor allem behaupten, alles andere als ein
One-Trick-Pony zu sein. Immerhin liegen die Wurzeln des in Großbritannien aufgewachsenen,
als Hipster nun aber standesgemäß von New York aus operierenden Tausendsassas
im ADHS-Rock seiner Ex-Band Test Icicles, nach deren Auflösung er als Lightspeed
Champion zwei erstaunliche Alben mit kammermusikalisch umrahmter
Singer-Songwriter-Ware und erheblichem Folkbezug aufnahm.
Fingerspitzengefühl
Später
wurde mit Beiträgen für Sky Ferreira und zumindest geplantermaßen auch für das
demnächst erscheinende achte Studioalbum von Britney Spears – keiner der entsprechenden
Songs schaffte es letztlich aber auf die
finalisierte Tracklist – in Richtung Mainstream vorgestoßen. Zwar geht sich das
mit der Miete für Hynes mittlerweile selbst im notorisch überteuerten Big Apple
ohne Probleme aus (yay!). Gerade für einen jungen Menschen empfiehlt es sich
aber, die sogenannten Working Skills selbst für die private Pensionsvorsorge zu
instrumentalisieren (hrmpf!). Ach ja, ein prekäres zweites, dafür in Sachen
künstlerische Kredibilität wesentlich unzweifelhafteres Standbein hat der Mann
auch noch vorzuweisen. Hynes ist bereits mit eigenen Comicbänden sowie als
Autor von Kurzgeschichten hervorgetreten.
Unter
seinem Alias Blood Orange griff Hynes mit einem ersten Album („Coastal
Grooves“) vor zwei Jahren noch auf Indie-Pop, Post-Punk-Bezüge und die Twang-Gitarren
eines Chris Isaak zurück. Seine enorme Wandlungsfähigkeit und das entsprechende
künstlerische und handwerkliche Fingerspitzengefühl als Produzent wird mit der
nun vorliegenden Themenarbeit „Cupid Deluxe“ einmal mehr offensichtlich. Hier
wird gut fünfzig Minuten lang und unter Beteiligung zahlreicher Gaststimmen wie
etwa David Longstreth von den Dirty Projectors oder Samantha Urbani von den
gleichfalls hipsterigen Friends ein ästhetisch nicht unschwieriges Feld mit
großer Konsequenz beackert.
Stimmig klebrig
Gleich
die Sounds des Eröffnungsstücks „Chamakay“ künden von subtropischer Schwüle,
privilegiertem Erste-Welt-Herzeleid und wiederaufkeimenden Sehnsüchten unter
dem Schulterpolster. Unter Beigabe käsiger Keyboardteppiche und angestaubter Tom-Tom-Sounds,
deren Alterungs-Verhalten den japanischen Elektronikkonzernen im Jahre 1982 herzlich
egal sein konnte, hat man zunächst zwar Widerstände und Vorurteile zu
überwinden – so man kein alter
Dogmatiker ist und nach einer Minute ohnehin wieder abdreht. Im Weiteren
nämlich erweist sich die Könnerschaft Hynesʼ mit gleichermaßen stimmigen wie klebrigen
Atmosphären auf Basis vokaler Mann-Frau-Interaktionen als durchwegs reizvoll. Mit
der kurz angeschlagenen Gitarre aus der Schule von The Police, Spoken-Word-Zwischenspielen
sowie geschult gespieltem und bevorzugt angefunktem Bass oder smoothen bis
schmusenden Saxofonen sind die Ergebnisse dabei als ebenso homogen wie
keinesfalls eintönig zu bezeichnen.
Zur
inhaltlichen Leitmotivik und nicht nur bei mit Nachdruck geraunten Textzeilen
wie „Come into my bedroom“ wacht Prince als Gottvater aller spitzen Lumpis mit steil
nach oben gezogener Augenbraue über seinen Adepten. Allerdings muss die Matratzen-
und Bettlaken-zentrierte Kunst des Inspirators hier meist ohne Happy Ending verbleiben.
Hynes bevorzugt ersehnte Intimitäten, die niemals stattfinden, gebrochene
Herzen und so auch immer das wunschlose Unglück: „Iʼm nothing without subtle heartache
at its best“.
Blood Orange: Cupid Deluxe (Domino Records)
(Wiener Zeitung, 15.11.2013)
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