In den 70ern schrieb
er Disco-Geschichte, nun gastiert Giorgio Moroder wieder in Wien.
- DJ-Set am
Samstag im Rahmen des Electronic Beats Festival
Ein
Blick ins Archiv fördert vor allem Fotos von einem Mann mit nachtschwarzer Sonnenbrille
und mächtigem Porno-Schnauzer zutage – sowie auch zweifelhafte Plattencover wie
jenes der Gruppe Spinach, auf dem sich eine nackte Frau zu Füßen dieser Helden
der Music drapiert. Das passt. Schließlich gehen auf Giorgio Moroder, den Wahl-Kalifornier
aus Gröden und Disco-Innovator von seinerzeit, auch bereits einschlägig
klingende Titel wie „I Wanna Funk With You Tonite“, „Too Hot To Touch“ und vor
allem natürlich „Love To Love You Baby“ und „I Feel Love“, die Hits mit Donna
Summer, zurück.
Zweifelsohne
wurden hier Ästhetik und Sound einer Ära prägend mitausgestaltet. Es war die
Zeit des Disco-Genres und einer auch über den wirtschaftlichen Aufschwung ermöglichten
Lebensabschnittsphase zwischen Ausschweifung und Exzess. Eine von Moroder bevorzugt
mitvertonte Grundkomponente im Sexuellen ließ dabei keine Zweifel, dass das alte
Rom vom Münchner Stadtteil Bogenhausen aus wiederbelebt werden sollte.
Nach
der anfänglichen Tingeltangel-Tour durch die Discos und frühen Arbeiten in Sachen
Schlager begann Moroder unter eigenem Namen und Pseudonymen sowie als
Mischpult-Regisseur für andere Künstler zu produzieren – zu Problemfällen wie
Uschi Glas kamen im internationalen Pop mindestens extrem wichtige Namen wie
David Bowie oder die Sparks. In Moroders eigenen und – den Tantiemen sei Dank –
mühelos gegründeten Musicland Studios wiederum mieteten sich neben Udo Jürgens
und Marius Müller-Westernhagen auch Led Zeppelin, Queen und die Rolling Stones
ein. Iggy Pop etwa nahm hier Teile seines Schlüssel-Albums „The Idiot“ von 1977
auf.
Im
Werk setzte der am 26. April 1940 ursprünglich als Hansjörg Moroder geborene
Musiker vor allem mit der frühen Verwendung von Synthesizern für Akzente. Nicht
von ungefähr ließen ihn die einst futuristischen Dancefloor-Roboter Daft Punk
auf ihrer diesjährigen Genre-Hommage „Random Access Memories“ mit einem Stück
namens „Giorgio By Moroder“ über seinen Karrierebeginn reflektieren.
Zeitzeugenschaft, Helden-Verehrung. Wer hat’s erfunden? Immerhin ist Moroder, der
es zugunsten von Frau und Kind spätestens ab den 90er Jahren ruhiger angehen ließ, dem heute jungen
Trendclubbesucher nicht mehr zwingend bekannt.
Kommerzpop
Eine
schicksalshafte Begegnung mit Donna Summer, die sich nach einer Tour mit dem
Musical Hair für ein Leben in München
entschieden hatte, meißelte sein Erbe schließlich in Stein. Das gestöhnt
vorgetragene (und von der BBC umgehend boykottierte) „Love To Love You Baby“
ging aus der Zusammenarbeit ebenso hervor wie „I Feel Love“, das als
repetitives Mantra zum Herzschlag des Genres wurde. Erstaunlicherweise lässt
sich dieser Song auch heute noch gut an. Er steht damit im Gegensatz zum einen
oder anderen Soundtrack Moroders, der dafür immerhin drei Oscars einheimsen konnte,
und seinem zwischen mitunter schrecklichen Presets und Stromrockgitarre
angesiedelten Kommerzpop der 80er Jahre. An „Reach Out“, seine Hymne für die
Olympischen Spiele in Los Angeles 1984, will sich selbst YouTube nicht mehr
erinnern.
Am
morgigen Samstag wird Giorgio Moroder im Rahmen des Electronic Beats Festival (Beginn:
20 Uhr) im Wiener Museumsquartier gastieren. Sein DJ-Set gesellt sich zu
Auftritten der entschieden (dienst-)jüngeren Kollegenschaft – neben Wolfram und
When Saints Go Machine geben sich auch Laurel Halo und Metro Area die Ehre. Das
Motto dafür stellte Moroder schon im Jahr 1977 bereit: „Let the music play!"
(Wiener Zeitung, 22.11.2013)
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