Mittwoch, Januar 19, 2011

Atmosphärische Epen mit düsterem Zierrat

Die kanadische Band Godspeed You! Black Emperor zu Gast in Wien.

Epik muss man hier vermutlich neu definieren: Das 1994 in Montréal gegründete Kollektiv Godspeed You! Black Emperor (GY!BE) besteht derzeit nicht nur aus gut und gerne zehn Personen. Wie man auf den drei Studioalben der die Grenzen des Postrock-Genres sprengenden und kontinuierlich erweiternden Band nachhören kann, ist auch ihre Ästhetik alles andere als um einen schlanken Fuß bemüht.

Mit von Field Recordings umspielten Instrumentalkompositionen jenseits der 20-Minuten-Marke, die sich in für die sogenannte U-Musik ungewöhnliche Sätze teilen, demonstriert die Formation seit ihrem Albumdebüt „F#A#∞“ im Jahr 1997 ihre Ausnahmestellung im Fach.

Bedrohliche Klänge

Diese wurzelt nicht zuletzt in der Beigabe kammermusikalischer Elemente – neben elegischen Streichern bläst die Band auch mit Waldhörnern und Trompeten zum jüngsten Gericht. Zwischen den Polen extrem laut und unheimlich leise, verschleppt dröhnend und forsch aufbegehrend soll es schließlich darum gehen, grundsätzlich bedrohliche Klangbilder aus dem Boden zu stampfen. Wer bei Danny Boyles Endzeitfilm "28 Days Later" genau zugehört hat, wird mit einem Ausschnitt aus "East Hastings" ("Sad Mafioso") nicht von ungefähr auch die Musik von GY!BE vernommen haben.

Die Engagements der Bandmitglieder in anderen Projekten der vielseitigen wie gut vernetzten Gitarren-Szene Montréals (A Silver Mt. Zion, Hrsta ...), deren Arbeit man dem Katalog des auf experimentelle Zwischentöne spezialisierten Labels Constellation Records entnehmen kann, führte allerdings zu einem bedauerlichen Umstand: mit "Yanqui U.X.O." datiert das aktuellste Album des Kollektivs bereits auf das Jahr 2002 zurück. Dass das Konzert in der Wiener Arena trotzdem ausverkauft ist, spricht also eine klare Sprache: GY!BE muss man gehört haben.

Dienstag, 25. Jänner, 20 Uhr, Arena


(Wiener Zeitung, 20.1.2011)

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