Mittwoch, Januar 26, 2011

Kaum Ausblick auf wenig, keine Hoffnung auf nichts

Godspeed You! Black Emperor beschallten die Wiener Arena mit desperatem Postrock.

Weil Kunst bei Godspeed You! Black Emperor vor allem von Leiden kommt: Das auf die Leinwand im Hintergrund projizierte Wort „Hope“ irritierte nicht weiter. Auch wenn der einleitende „Hope Drone“ seine apokalyptischen Noise-Schlieren letztlich in melodischen Bögen auflöste, deuteten die Kanadier ihren desperaten Duktus – keine Hoffnung auf gar nichts! – nur vorsichtig um: Kaum Hoffnung auf wenig.

Die 1994 in Montreal gegründete Band, die nach nur drei regulär veröffentlichten Studioalben seit acht Jahren eine Schaffenspause begeht, die Wiener Arena aber nichtsdestotrotz restlos füllte, verweigerte sich ihrem Publikum gewohnt konsequent. Ohne Verbrüderungsgesten und mitunter auf der Bühne sitzend, sollte ihr die Grenzen zwischen den Polen E und U verwischender Postrock für sich selbst sprechen. Was man als uneitel bezeichnen darf, kann hier aber auch kritisch gesehen werden. Immerhin ist die Band im Bezug auf ihr Werk nicht nur todernst, sondern schlichtweg humorlos.

Die einzelnen Sätze jedenfalls erstrahlten in epischer Breite. Unglaublich laut, unheimlich leise und unsagbar traurig sollte es darum gehen, das jeweilige Extrem noch einmal zu überhöhen. Wie es die Vorgaben des von GY!BE erweiterten Genres verlangten, enwickelte sich das verschleppte Dröhnen zum ekstatischen Rattern. Inmitten aufbrausender Wirbelstürme erwiesen sich die Musiker dabei als Meister der feinen Klinge. Gitarren sägten, Trommeln polterten, Streicher entließen ihre Elegien dissonant in die Halle.

Das Filmmaterial konfrontierte die zwischen Ölraffinerien und Schottergruben angesiedelten Industriegebiete bei Streifzügen durch verästelte Blair-Witch-Wälder mit einem beklemmenden Naturalismus. Eine Vorahnung: Am Ende steht immer das Ende. Allerdings: Die Vögel zogen ihre Kreise. Sie fielen nicht vom Himmel.

(Wiener Zeitung, 27.1.2011)

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