Das Blue Bird Festival startete in seine sechste Saison. Mit dabei: Grant Hart und Scout Niblett.
Kennt man das Anliegen des Blue Bird Festivals, unterschiedliche Zugänge zum Songwriting – und deren Folgen – offenzulegen, so galt am Donnerstag im Porgy & Bess: Unternehmung geglückt.
Trotz ihrer Fokussierung auf das Gitarrenfach präsentierte die traditionell im November abgehaltene Veranstaltungsreihe am Eröffnungstag vier sehr divergente Künstler. Während James Vincent McMorrow den Soul seiner Folk-Songs an der akustischen Gitarre freilegte, trieb Matthias Frey alias Sweet Sweet Moon seine hübschen Kammermusiken auf Indie-Basis live mit Harfe und Gameboysounds in Richtung „Jugend forscht“.
Schrammeln und reduzieren
Dass das Porgy aus allen Nähten platzte, lag an Grant Hart und Scout Niblett. Hart, aufgrund seiner Arbeit mit der US-Band Hüsker Dü, die dem rauen Hardcore-Genre ein Mehr an Melodie einverleibte, eine Legende, schrammelte sich an der wahlweise „rein“ oder verzerrt gespielten Gitarre überwiegend durch sein vergleichsweise ruhigeres Solowerk. Bei Klassikern wie „2541“, Material aus seiner Phase mit Nova Mob („Last Days Of Pompeii“) und Hüsker-Dü-Hadern („Sorry Somehow“) erwies sich der 49-Jährige zwar als überraschend gut gelaunt. Für eine wohlwollende Betrachtung dieses ein wenig egalen, sprich unambitionierten Auftritts, waren Fanliebe und eine nostalgische Bindungsgeschichte aber durchaus vonnöten.
Scout Niblett, deren reduktionistische Songs sich das Publikum von jeher selbst ausmalen musste, untermauerte ihre Stellung als Ausnahmekünstlerin und bat, quasi gehüllt in die Dienstkleidung der MA 48, zum Kehraus: Zwischen dem Todescountry von „Do You Want To Be Buried With My People“ und wahlweise allein an der um Blues-Motivik und PJ Harvey bemühten Gitarre oder am Schlagzeug, donnerte Niblett ihre emotionalen Hochinflationen letztlich in Richtung Nirvana: Um 20 nach Grunge muss nichts mehr erfunden werden.
(Wiener Zeitung, 27./28.11.2010)
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