Kings of Leon, in der Rock-Oberliga angelangt, füllen am Samstag die Wiener Stadthalle.
Die Entwicklung der Kings of Leon hin zur neuesten größten Rock-'n'-Roll-Band der Welt darf man als durchaus erstaunlich bezeichnen.
Immerhin liegen die Wurzeln des 1999 in Nashville, Tennessee, gegründeten Quartetts im historisch betrachtet immer beliebten, zu Beginn des dritten Jahrtausends aber nicht grundsätzlich Weltruhm versprechenden Genre des – trotz einiger Unschärfen und Brückenschläge – Southern Rock. Auf ihrem 2003 erschienenen Debütalbum „Youth And Young Manhood“ sowie dem im Folgejahr nachgeschobenen Zweitling „Aha Shake Heartbreak“ kredenzten die Gebrüder Nathan, Caleb und Jared sowie deren Cousin Matthew Followill mit schepperndem Garagensound eingespielte Schelmenlieder, die unter besonderer Berücksichtigung von Bands wie Creedance Clearwater Revival und Lynyrd Skynyrd in Richtung Country, Boogie, Blues und Jack Daniels schielten. Das verband, ästhetisch betrachtet, die Rockmusiken der beiden Pole Großbritannien und USA und reüssierte im Fahrwasser genereller Retrotendenzen im Gitarrenfach (mit der Post-Punk-Wiederbelebung von Franz Ferdinand und Interpol, den 60ies-Sichtungen der Strokes oder den Blues-Neudeutungen der White Stripes) vor allem in Europa und Australien.
Bärtige Landeier
In ihrer Gestalt als bärtige, in Holzfällerhemd, zerschlissene Jeans und Lederjacke gehüllte Landeier tauschte die Band ihre geistlichen Wurzeln gegen ein weltliches Antlitz ein. Wie die Kings of Leon schon früh auch textlich unter Beweis stellten, schlummerten in den einst im Schlepptau ihres als Wanderprediger aktiven Vaters durch die USA reisenden und im Kirchenorchester aktiven Katholiken-Sprösslingen schon immer auch lebenshungrige Jungmänner.
Musikalisch blieb der Vierertrupp zum aus der Kehle gepressten, gequält-heiseren Gesang Caleb Followills die virtuoseste Band im verschwitzten Fach. Ihr gepflegter Rockismus veräußerte sich in einer souveränen Instrumentenbeherrschung, die die Kings of Leon bis heute abwechslungsreich und auf den Punkt hin präzise erschallen lässt.
Karriere-Dilemma
Über das opulente, die Vorzeichen auf dichte Gitarrenwände, ein Mehr an Atmosphäre sowie einen generell aufgepimpten Charakter stellende Album „Because Of The Times“ sind die Kings of Leon aber spätestens mit dem vor zwei Jahren veröffentlichten „Only By The Night“ beim Stadionrock der kommerziellen Rockoberliga angelangt: Siehe dazu konsequent auf die Charts schielende Welthits wie „Sex On Fire“ und „Use Somebody“, dank derer das Werk sechs Millionen Mal verkauft wurde und der Band endlich auch der Durchbruch in ihrem Heimatkontinent gelang.
Mit „Come Around Sundown“, dem fünften und im Dilemma, die alten Fans nicht verlieren zu wollen, sich einen kommerziellen Rückschlag aber nicht erlauben zu dürfen, gefangenen Album, gastiert die nun als Familienunternehmen wie Großkonzern gleichermaßen agierende Band am Samstag in der Wiener Stadthalle. Über ihre Entwicklung, die zum Olymp durch eine nicht zu verleugnende Glättung führte, wird man auch dann trefflich streiten dürfen.
(Wiener Zeitung, 3.12.2010)
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