Yusuf, einst berühmt als Cat Stevens, gab sein erstes Österreich-Konzert seit 35 Jahren.
Bei allem Veränderungswillen einer immer komplizierteren Welt ist eines erstaunlich: Die Helden des Showbusiness bemühen sich nicht selten darum, dass alles bleibt, wie es war. Das ist auch bei Yusuf, den heute in honorigen Brotberufen langsam in Richtung Pension schielende Menschen einst als Cat Stevens verehrten, nicht anders.
Die zahlungsfähige Kernschicht ist längst in ihrem nostalgischen Stadium angekommen. Cat Stevens? Da war doch mal was. Und es war schön. So schön, schön war die Zeit!
Yusuf wiederum nahm sich für Allah, seine Familie und den Genuss der mit dem Karren der Lebensberatungslyrik eingefahrenen Ernte zwar eine kurze Auszeit von 28 Jahren, in denen er auf Musik wahlweise verzichtete oder für die Erziehung muslimischer Kinder ansang. Seine Rückkehr zum Song, wie ihn der Westen einst kannte, erfolgte mit dem Album "An Other Cup" 2006 dann aber mindestens nahtlos. Jedes der seither erschienenen Lieder dieses Mannes könnte so auch aus den 70er-Jahren stammen.
Sein erstes Österreich-Konzert seit dreieinhalb Jahrzehnten bestritt Yusuf also mit größtmöglicher Selbstverständlichkeit. Als wäre er nie weg gewesen, schritt der 1948 in London geborene Sänger unvermittelt und bereits gitarrespielend auf die Bühne, noch ehe die Prime Time beginnen konnte. Wie zahlreiche Lieder der mit gut vierzig Songs bestückten Setlist erklärten, hat das vor allem damit zu tun: Yusuf liebt zwar die Welt und ihre Pflanzen und Tiere. Er hat aber ein Problem mit der Nacht als einem Ort, an dem die Versuchung nie schläft und das Böse im Hinterhalt lauert.
Triumph mit Hits
Für den begnadeten Frühaufsteher, der dem Morgentau mit Dank und Demut begegnet ("Morning Has Broken"), um sich während eines Spaziergangs dorthin zu begeben, wo die Kinder spielen ("Midday"), sind die dunklen Stunden schlicht schlecht. Man könnte dort üblen Gestalten oder womöglich sich selbst begegnen. Wo es den jungen Menschen hindrängen muss, war Yusuf nie anzutreffen.
Für Gleichgesinnte, Gleichaltrige und solche, die es noch werden wollen, kündete er von Menschen, die es auf eine steinige Reise hinaus ins gar schröckliche Leben zog, von wo sie reumütig zurückkehrten. "Oh baby, it’s a wild world!", das heißt übersetzt: Zu Hause ist die Welt noch in Ordnung. Menschen brauchen Liebe – und ein kleines bisschen Sicherheit.
Nach akustischen Solovorträgen gab Yusuf sein Œuvre schließlich mit sieben Musikern zum Besten, die sich zwischen Whitney-Houston-Gedenk-Keyboard, Midi-Trompeten und Gummi-Harmonika nicht zurückhalten wollten. Er führte zu billigen Fantasy-Grafiken auf der Videowall als Märchenonkel durch ein fiktives Musical und später mit Leihfotos aus dem TUI-Katalog hinunter nach Griechenland
Gegen Ende erschien Yusuf als korangeeichtester Alt-Hippie im Peace-T-Shirt, sang für die arabische Revolution und führte dem Abend mit Hits wie "Father And Son" und "Peace Train" den erwarteten Triumph zu. Um 22 Uhr war Schluss. Die Nacht ist schlecht.
(Wiener Zeitung, 3.6.2011)
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