Am Mittwoch startete erstmals das Waves Vienna - Wiens Club- und Showcasefestival
Drinks spielten am Eröffnungstag des Waves Vienna nicht nur
insofern eine Rolle, als die überpräsenten Hauptsponsoren ihren
Industrie-Whisky aufdringlich bewarben und das Seidl vom Wasserbier um 3,60
Euro feilboten. Weil Wiens dringend benötigtes, erstes Club- und
Showcase-Festival großen Wert auf Networking legt - mit einer Konferenz wird
auch noch heute, Freitag, vor allem auf die Ost-West-Achse geschielt - und beim
Trinken bekanntlich die Leut’ zusammenkommen, wurden aber zumindest die geladenen
Gäste schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass mit Freibier zu rechnen ist.
Und weil zum Auftakt der ersten Saison am Mittwoch
musikalisch die Schwermut regierte, wurde so auch der Weltschmerz ertränkt. Im
Wiener Stadtsaal, wo aufgrund eines "Planungsfehlers" zahlreiche
Plätze frei blieben, spielte schließlich keine Geringere als Soap & Skin
vor Delegierten und Szenemenschen. Live an Klavier und Laptop und von einem als
schwarze Armada getarnten Ensemble begleitet, wurde dabei der Gott des Todes
besungen und wie gewohnt nachdrücklich zum Trauermarsch geblasen.
Schmerz und Scherz
Die östlichen Nachbarn von Longital durften im Anschluss den Umstand ausbaden, dass die Tages-Headliner zeitgleich gebucht und das Publikum somit in die Clubs gelockt wurde: Im Flex kam es zu einem Wiederhören mit den britischen Post-Punk-Heroen Gang of Four, während sich am Clubschiff die besser als EMA bekannte US-Amerikanerin Erika M. Anderson vorstellte.
Die als Teil des Drone-Folk-Duos Gowns einschlägig
vorbelastete Musikerin sorgte mit ihrem Debütalbum "Past Life Martyred
Saints" heuer nicht von ungefähr für Stimmung in der Blogosphäre. Mit von
den Nachwehen des Grunge-Genres beeinflussten Lo-Fi-Studien, deren Intensität
auf Reduktion fußt, ging es inhaltlich bevorzugt um eines: Schmerz, Depression,
Seelenpein und Post-Teenage-Angst bis hin zum Suizid-Exkurs.
Auf einer abwegig ebenerdigen, sprich unterirdisch
errichteten Bühne, brachte EMA mit ihrer solchermaßen nur hörbaren Band an
Keyboards, Schlagzeug, Gitarre und E-Geige die Boxen zum Glühen. Nach
"Marked" als Mark und Bein durchdringender Opener multiplizierte sich
ihre Nähe zum Grunge live doch erheblich. Grobschlächtige, wuchtige und wütende
Riffs, weit ausladende Feedback-Schleifen und Walls of Sound als wärmende Ungetüme
gegen die Kälte der Welt konnten dabei nicht verschleiern, dass EMAs Herz immer
auch für große Melodien schlägt.
Ehe der unter Proberaum-Niveau abgefallene Zugabenteil
erklärte, wie man ein gutes Konzert am Ende doch noch beschädigt, ging das vor
allem mit einer live ausgedehnten Version des störrischen "Butterfly
Knife" oder bei "Milkman" gut, dessen Industrial-Sound live mit
den Mitteln des Punk deutlich geschliffen wurde.
Die Verstärker pfiffen, die Ohren sausten, EMA selbst
scherzte und brach die Schwere ihres Werks ("I’m just 22 and I don’t mind
dying") mit guter Laune. Wer hätte das gedacht, dass die Soirée an diesem
Abend weniger an der Welt, sondern vielmehr am Wasserbier leiden würde?

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