Von alledem künden zwar auch die Nachrichten. Wer über die
nötige Media Literacy verfügt, bezieht seine News aber schon längst aus der
Werbung. Dort lauert der Abgrund hinter Bildern, die die Welt noch als heil porträtieren.
Und je heiler das Bild, desto kaputter der Sachverhalt, der ihm zugrunde liegt.
Nicht von ungefähr spricht Käpt‘n Iglo heute als Landratte
Seemannsgarn. Weil wir alle bemerken werden, dass man die Verpackung nicht
essen kann, wenn der letzte Dorsch gefangen (und paniert!) sein wird, haut uns der
Wassermann lächelnd mit Chicken Nuggets in die Pfanne. Erwachsene Männer freuen
sich über 2,75 Promille, pardon, Prozent Zinsen aufs Sparbuch wie ein Kind über
Eislutscher – und liegen doch nicht aus Spaß, sondern nach ihrer Kündigung
müßig herum. Wie sich ältere Menschen wiederum noch erinnern, ging die Werbung
in den 80er-Jahren mit „Vorsorge“ und „Bausparen“ vergleichsweise wirtschaftlich
um. Dafür wird der Sparefroh jetzt mit dem Hausverstand angelockt (die Lage ist
ernst!), während der Unternehmer gleichsam für als auch mit sich selbst wirbt –
er hat „ja nichts zu verschenken“.
Der Rat-auf-Draht-Spot allerdings kommt nur mehr
selten. 147 ist heute ein Selbstläufer.
(Wiener Zeitung, 11.11.2011)

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen