Der 24-jährige Songwriter
Nino Mandl alias Der Nino aus Wien im Gespräch - eine Annäherung.
Bekannt wurde
Der Nino aus Wien mit „Du Oasch“ als Songwriter mit dem gewissen Schmäh. Auf
„The Ocelot Show“ und „Down in Albern“ stand der heute 24-Jährige für einen
bewusst unsauberen Sound mit poetischen Texten, während sein neues Album
„Schwunder“ (Problembär Records) nun auch ausproduzierter klingt. Mit Natalie
Ofenböck und Krixi, Kraxi und die Kroxn arbeitet er zudem zwischen Hörspiel und
Pop.
Wiener Zeitung: Wir beginnen philosophisch: Was ist Zeit?
Der Nino aus
Wien: Zeit?
Die Zeit vergeht unterschiedlich schnell für mich. Aber ich hab einmal gehört,
dass es sie gar nicht gibt, sie Illusion sei.
Verrinnt Ihnen die
Zeit zu schnell?
Ich
mache noch gar nicht so lange Musik. Dennoch sind bisher drei Alben von mir und
eines mit Krixi, Kraxi und die Kroxn entstanden. Der längste Abschnitt steht
mir also erst bevor, ich bin ja noch nicht so alt und noch immer „der frühe
Nino“.
Sie selbst sprechen
und wirken eher langsam, Ihr Output ist trotzdem hoch.
Ich
spreche langsam, das mag schon so sein. Allerdings muss man nicht schnell sprechen,
um viel aufzunehmen.
Wir leben nicht
erst durch Facebook in einer Echtzeitwelt. Heute kann und muss alles schneller
gehen, der Leistungsdruck steigt.
Leistungsdruck,
na ja. Ich vertraue bei der Musik auf die natürliche Entwicklung. Ich zwinge
mich nicht, etwas aufzunehmen oder herauszubringen. Wenn alles normal läuft,
entsteht im Jahr genug Material für eine Veröffentlichung.
Gibt es bei der
Arbeit eine Art Routine für Sie?
Die
schleicht sich manchmal ein, und dann muss man schnell wieder ausbrechen. Für
den Schreibprozess selbst habe ich schon ein paar Tricks, aber die verrate ich
nicht. (lacht)
Sie kultivieren eine Vorliebe für die Beatles, Bob Dylan, Syd Barrett und andere Helden aus den
60er-Jahren – und auch Ihre Musik ist ein wenig aus der Zeit gefallen. Mit
Sehnsucht nach einer anderen Epoche hat das aber nichts zu tun?
Wenn
ich ein Lied aus den 60ern höre, dann falle ich in ein Gefühl für diese Zeit. In
meiner Musik kopiere ich diesen Zeitgeist allerdings nicht – im Gegensatz zu den
Retrobands, die ich teils aber eh recht gut finde. Ich selbst kann den Sound
gar nicht wiedergeben. Er ist kein Einfluss für mich, aber Inspiration.
Ein zentraler
Satz auf Ihrem ersten Album mit Krixi, Kraxi und die Kroxn lautet jedenfalls:
„Die Gegenwart hängt uns schon lange zum Hals heraus.“
Für
Krixi, Kraxi und die Kroxn schreibe ich mit meiner Freundin Natalie Ofenböck.
Wir haben improvisiert und der Satz ist als Stückwerk entstanden. Ihn näher zu
erklären bringt vermutlich auch nichts. Als wir ihn hörten, war seine Bedeutung
für uns klar. Wenn der Hörer den Satz mag, reicht uns das eigentlich schon.
Trotzdem: Was
könnte für den Nino aus Wien an der Gegenwart besser sein?
Gerade
wäre ich lieber gesund, fit und ausgeschlafen. Wenn ich verkühlt bin, ist alles
schlecht. Davon abgesehen mache ich mir wenig Gedanken darüber, was ist, war oder
sein wird. Es gibt eben nur das Jetzt, auch wenn es einem zum Hals heraushängt.
Die Leichtigkeit
früherer Lieder bleibt auf „Schwunder“ weitgehend außen vor. Sie singen „Venedig
geht unter“ und „Alles ist zum Absturz bereit“. Darf man das auch als von den
Nachrichten beeinflusst betrachten, die uns täglich deutlicher zu verstehen
geben, dass alles bald krachen geht?
Vielleicht.
Man schreibt ja immer über alles, das man so mitbekommt. „Alles ist zum Absturz
bereit“ – eigentlich weiß ich aber selbst nicht genau, wie ich auf einen
solchen Satz komme.
Ihre Texte
treiben generell ein Verwirrspiel mit dem Hörer. Die Deutbarkeit scheint Ihnen
sehr wichtig zu sein?
Es
war eine lange Übung für mich, die Dinge heraufzubefördern, die tief in mir
schlummern. Ich habe stundenlang einfach nur gesungen, was mir gerade so
einfiel. Dabei kommen die ärgsten Dinge ans Licht, man wundert sich selbst
darüber. Ich verstehe meine Lieder selten sofort und lerne selbst etwas dabei.
Rausch und Bewusstseinsverschiebungen
spielen in Ihren Texten immer wieder eine Rolle. „Fledermaus“ von Krixi, Kraxi
und die Kroxn hat nun sogar etwas Psychotisches.
„Fledermaus“
ist in Kooperation mit Ernst Molden entstanden. Ich wollte ein Lied über einen
Traum machen, den ich hatte und in dem eine Fledermaus vorkam. Molden wiederum
hatte auch ein unfertiges Fledermaus-Lied in der Schublade, um das herum Natalie
und ich einen Dialog gebastelt haben. Die Stimmung hat etwas Angstvolles …
… und ganz viel
Bekifftes. Geht das ohne Drogen?
Wir
haben das Lied am frühen Nachmittag aufgenommen, da waren wir nüchtern. Man
hat natürlich Erfahrungen gemacht, die vielleicht durchkommen. Beim Schreiben
selbst brauche ich aber einen klaren Kopf. Nur bei „Holidays“ war ich
betrunken.
(Wiener Zeitung, 3./4.12.2011)

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