Donnerstag, Mai 10, 2012

Die Schatten unter der Discokugel

Light Asylum und ihr selbstbetiteltes Debütalbum

Mit Gastauftritten bei Bands wie etwa Telepathe, TV On The Radio oder !!! brachte Shannon Funchess ihre ausdrucksstarke Stimme als Leihgabe schon mehrmals zu Gehör. Wie die Sängerin bei einer ersten Vorstellungsrunde ihres eigenen und gemeinsam mit Bruno Coviello an den Tasten betriebenen Projekts Light Asylum gerade erst am Donaufestival unter Beweis stellen sollte, weiß sie aber auch mit einer an den Furor von Grace Jones gemahnenden Bühnenpräsenz in ihren Bann zu ziehen. Kurz: Diese Frau hat mehr Eier als 20 kanadische Singer/Songwriter zusammen – und sie weiß es.

Mit ihrem nun vorliegenden, selbstbetitelten Debütalbum (Universal Music) postieren sich Light Asylum an der Speerspitze einer Retrobewegung, die zeitgenössische Einflüsse, frei nach Karl Valentin, nicht einmal ignoriert. Wir hören Synthie-Pop mit düsterromantischem Grundton und einem Hang zu Gothic-Harmonien, der die Maschinenbeats hektisch pluckern und die Bässe holpern und pumpen lässt. Aggressive, dem Erbe des Post-Punk- oder Industrial-Genres geschuldete Stücke stehen neben Erinnerungen an die Naive Kunst der New Romantics und ihre lieblichen Melodeien. „Angel Tongue“ arbeitet sich an der Ästhetik der Elektro-Gründerväter Kraftwerk ab, während die grundsätzlich reduzierte Produktion Mut zur Lücke beweist. Daneben geraten stets auf den großen Popmoment schielende Songs wie „Hour Fortress“ oder das auf Donnerwetter gepolte „Shallow Tears“ zu heimlichen Welthits: Hymnen unter den Schatten der Discokugel.

Die kalt-dunkle bis standesgemäß trist-traurige Grundstimmung des Albums wird von Songtiteln wie „Heart Of Dust“ bereits vorweggenommen, ehe „End Of Days“ Yazoo, die jungen Depeche Mode oder The Human League zur Party in die Nebel der Zwischenwelt lädt: ein großer Spaß für alle Genrefans!

Light Asylum: Light Asylum (Universal)

(Wiener Zeitung, 11.5.2012)

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