Mittwoch, September 20, 2006

Tanz den HC Strache!

Sowohl HC Strache als auch Peter Westenthaler bestreiten ihren Nationalratswahlkampf mit politischen Songs.

Wien. Eingangs wird HC Strache von einer sonoren Erzählstimme im Stile des "Asterix"-Prologs als moralische Instanz gegen den "Machtrausch der ÖVP" auf den Plan gerufen. Danach beginnt der "Unbeugsame" mit Stimmband-Übungen, die hier euphemistisch als "Rap" bezeichnet werden.

Das Positive zuerst: Man weiß schon nach fünfzehn Sekunden, warum Politiker sonst nicht singen. Andererseits bleibt die Gewissheit, dass noch weitere dreieinhalb Minuten bevorstehen: Ohren zu und durch! Es holpert, es eiert. Billige Instant-Sounds jucken zwischen Amboss und Steigbügel. Begrifflichkeiten der Popkritik müssen hier versagen. Nur so viel: Wenn man den Elektro-Punk des amerikanischen Duos "Suicide" gerne als Trash bezeichnet: Was liefert dann Strache?

Zur Verteidigung Straches und seines hinter dem kryptischen Namen "ARG Kreativ" verborgenen Produktionsteams sei aber erwähnt, dass die Musik hier ohnehin nur das Mittel zum Zweck darstellt. Immerhin gilt es im Folgenden, mithilfe der Populärkultur das eigene Wahlkampfprogramm abzuarbeiten. Was dann so klingt: "Wer sich nicht integrieren will, für den hab’ ich ein Reiseziel: Ab in die Heimat, guten Flug! Arbeitslose haben wir hier selbst genug."
Dabei entbehrt es zwar nicht einer gewissen Ironie, dass Strache sein "politisches" Begehren nach restriktiveren Abschiebemaßnahmen musikalisch ausgerechnet mit einem der afroamerikanischen Kultur entsprungenen Stilmittel – dem Rap – einfordert. Immerhin geht es hier aber darum, sich bei einer mit politischen Diskussionen und herkömmlichen Werbestrategien sonst nur schwer erreichbaren jungen Wählerschaft Aufmerksamkeit zu verschaffen

"Na-Na-Na-He"

Was Peter Westenthaler zumindest mit seinem Wahlkampflied verwehrt bleiben dürfte: Das auf der Homepage des BZÖ zum Download bereit stehende "Wir halten zam" bewegt sich abseits jedweden Anspruchs auf Jugendlichkeit mit vor allem der Fachgruppe Musikantenstadl vertrauten "Na-Na-Na-He!"-Gesängen in den Gefilden der schunkelnden Bierzelt-Beschallung. Da stört es auch nicht weiter, dass die Stromgitarre auf Kriegsfuß mit dem Takt steht.

Bei allen Gegensätzen verbindet Strache und Westenthaler eines: Das Beschwören eines Wir-sind-Wir-Gefühls auf Basis der neuen alten Werte: "HC Strache kämpft dafür, dass wir Österreicher Herren im eigenen Haus bleiben. Deshalb ist er unsere Wahl", heißt es im ausklingenden "HC-Rap" kämpferisch. "Wir Österreicher leb’n im schönsten Land der Welt", meint Peter Westenthaler in seinem Song.

Sind solche tendenziell konservativen Einschläge dem musikalischen Bemühen um ein frisches Politiker-Image nicht eher hinderlich? "Die Frage ist, ob Politiker dadurch überhaupt modern wirken wollen", meint OGM-Meinungsforscher Peter Hajek auf Anfrage der "Wiener Zeitung". So wäre die ÖVP einst mit ihrem Liederbuch auch nicht um ein frisches Antlitz bemüht gewesen. "Das Problem des BZÖ ist ja, dass es nicht weiß, wofür es steht und welche Zielgruppe es überhaupt ansprechen will. Das spiegelt sich wohl auch in diesem Lied."

Den Verdacht, der explizit auf ein junges Publikum abzielende "HC-Rap" könnte Straches Popularität bei dieser steigern, bestätigt Hajek: "In manchen jungen Wählergruppen durchaus. Bei Jugendlichen mit geringerer Bildung und gesteigerter Aufmerksamkeit für Äußeres etwa. Da heißt es dann: ,Hast du das Lied von dem Politiker schon gehört? Total cool!’ Dadurch entstehe Meinungsbildung innerhalb von Peer-Groups." Ob Wahlkampflieder dem Wunsch des Wählers nach seriösen Politikern zuwider laufen oder authentisch wirken, kommt laut Hajek auf das Setting an. Bei HC Strache etwa "passt das gut ins Image".

158.000 mal sei der "HC-Rap" in den letzten Wochen aufgerufen worden, teilte das Büro Straches der "Wiener Zeitung" mit. Das BZÖ hält sich bedeckter: Alle CD-Pressungen wären restlos vergriffen, 1000 mal sei "Wir halten zam" in den ersten drei Tagen auf iPods geladen worden, etwa 3000 Downloads hätte man im selben Zeitraum verzeichnet. Aktuelle Zahlen? Fehlanzeige. Es gehe ja auch nicht darum, die Downloads Westenthalers jenen Straches gegenüberzustellen, hieß es aus dem Bündnisbüro: "Das wäre ja auch blöd!"

(Wiener Zeitung, 20.9.2006)

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