Kinder der 90er Jahre: Die britischen Bands Placebo und Cornershop gastieren in Wien
Wien. Als die britische Band Placebo 1998 ihr zweites Album veröffentlichte, war sie bereits auf dem Höhepunkt ihres Schaffens angelangt. Auf "Without You I’m Nothing" verdichtete das Trio den Weltschmerz einer waidwunden Jugend ("Teenage Angst!") zu druckvollen Songs mit Ohrwurmcharakter und dunkelgrauen Düsterballaden. Passend zum gern aufflackernden Glam-Charakter der Musik, begeisterte Sänger Brian Molko als androgyne Diva mit handfesten Popstarqualitäten. Sprich: Nicht von ungefähr bekannte sich ein gewisser David Bowie als Fan. Der stand den Briten hinsichtlich "Sound and Vision" durchaus Pate und wurde für den titelgebenden Song auch als Gesangspartner vorstellig: Toll!
Ihrem Konzept bleibt die Band seither zwar überwiegend treu. Egal, ob sie den elektronischen Überbau ihrer Songs erweitert und mit HipHop kokettiert ("Black Market Music", 2000) oder sich bloß auf Gitarre, Bass und Schlagzeug konzentriert ("Meds", 2006). Allerdings: Die Dringlichkeit ihres Œuvres nahm zuletzt ab. Dass die Vorzeichen eventuell auf "Krise" stehen, untermauerte auch der Ausstieg des langjährigen Schlagzeugers Steve Hewitt nach persönlichen und kreativen Differenzen. Auf ihrem aktuellen Album "Battle For The Sun", das die Band am heutigen Freitag in Wien live vorstellen wird, erweisen sich Placebo als bestenfalls grundsolide. Grundsolide wie: Dienst nach Vorschrift und Malen nach Zahlen. Der Mangel an wirklich guten Songs soll dabei mit zu bersten drohender Melodramatik verschleiert werden – damit ist die Band endgültig in der Rockoberliga angelangt.
Das konnte man von Cornershop nie behaupten. Gleichermaßen ernsthaft betrieben wie mit humorvollen Texten und spinnerten Lo-Fi-Experimenten dem Schabernack nicht abgeneigt, fristeten die sympathischen britischen Underdogs mit indischen Wurzeln ein kommerziell freilich unbedanktes Nischendasein. Ihr bunter Stileintopf aus zerzausten Rock-Songs, HipHop- und Elektro-Studien samt Sample-Spielchen und indischer Tabla- und Sitar-Folklore sorgte erstmals wie einmalig mit dem 1997 erschienenen Album "When I Was Born For The 7th Time" für ein Mehr an Aufmerksamkeit. Das tolle, als Hommage an den indischen Sänger Asha Bhosle gedachte "Brimful Of Asha" wurde schließlich im Remix von Fatboy Slim zum Hit.
In ihrem ersten Album seit sieben Jahren, "Judy Sucks A Lemon For Breakfast", und dessen fröhlich beschwingten wie von reichlich Soul durchzogenen Songs findet man derzeit übrigens ein wirksames Mittel gegen etwaige Herbstdepressionen. – Be there!
Placebo: Wiener Stadthalle, 19.30 Uhr; Cornershop: Arena, 19 Uhr
(Wiener Zeitung, 27.11.2009)
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