Was passiert, wenn die Frau plötzlich weg ist, weil: "Ich lass’ mich scheiden!" – Adam Green zeigt es vor. Männliche Krisenbewältigung ist Raubbau am Körper. Und für Künstler mit hohem Selbstveräußerungsdrang immer auch ein Grund, sich nicht daheim einzusperren. Seit Erfindung des Publikums kann, darf und muss dieses im Falle einer Notsituation ganz einfach mitleiden.
Nach als Interviews getarnten Therapiesitzungen ist Adam Green derzeit auf großer Fahrt. Mit seinen Freunden an Gitarre, Bass, Schlagzeug und Orgel geht es darum, zwischen London, Paris und New York mit Musik Geld zu verdienen. Scheiden tut weh. Und Scheidung kostet!
Es soll aber auch die Gunst der Stunde genützt werden, um bei Dosenbier in rauen Mengen den alten Strizzi noch einmal hervorzukehren. Adam Green in der Wiener Arena: Ein Mann und seine Lederjacke laufen Amok. Wer auf der Bühne noch stehen kann, ist ein Lulu. Und wer seinen Text ohne Bäuerchen zu Ende bringt – frage nicht!
Allerdings weiß man bei Adam Green nie so recht. Als Tunichtgut mit Tendenz zum Kalauer, für den Niveau bloß ein Eintrag im Fremdwörterbuch ist, kennen wir den Mann schon immer als Übertreibungskünstler. Alte Hadern, bei denen sich auf weibliche Vornamen stets ein Reim unter der Gürtellinie findet, beweisen das ebenso wie seine Bühnenpräsenz als hopertatschiger Hampelmann.
Wo diese Derbheiten früher noch von musikalischem Schönklang kontrastiert wurden, tut sich der 28-Jährige auch diesbezüglich keinen Zwang mehr an. Die Vorzeichen stehen stärker denn je auf Rock’n’Roll, wenn sich der Crooner durch Hits wie "Emily", "Crackhouse Blues" oder "Dance With Me" böllert. Dazwischen erinnert er an sein in Richtung Entertainment im Sinne von Elvis und Las Vegas schielendes Alter-Ego und bittet mit Songs wie "Morning After Midnight" zur Soul-Rock-Sause.
Dass der gebürtige New Yorker mit "Minor Love" übrigens ein gutes neues Album im Gepäck führt, auf dem zwischen durchaus ernsthaften Tönen das künstlerische Erbe Lou Reeds aufblitzt – man bemerkt es am Rande. Aber es gibt Wichtigeres: Adam strippt, Adam dived stage. Baba und foi ned!
(Wiener Zeitung, 24.2.2010)
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