Freitag, Februar 26, 2010

Gelati zum Nachtmahl

Eros Ramazzotti, Popsänger und Frauenversteher aus Bella Roma, gastierte in Wien.

Als sich Eros Luciano Walter Ramazzotti Molina 1982 mit seiner Debütsingle "Ad un’amico" anschickte, nicht nur in den Eurovisionsländern Deutschland, Österreich und der Schweiz weltberühmt und zum vermutlich beständigsten TV-Dauergast seit Erfindung von Thomas Gottschalk und "Wetten dass.. .?" zu werden, war damit auch der Grundstein für eines gelegt: Beim Italiener am Eck wird zu Pasta und Pizza seither nicht nur ungefragt scharfes Gewürzöl, sondern auch Kuschelrock gereicht. Eine vor allem bezüglich Iwan Petrowitsch Pawlow und dessen Lehren der klassischen Konditionierung fatale Entwicklung für den Stammgast: Luigi, Himmel, muss das sein?

An Eros Ramazzotti, Freund, Verehrer und Versteher aller blonden Frauen und als Popsänger mit dem nötigen Kleingeld, dem richtigen Herrenausstatter und dem super-vielen Gefühl in der super-sexy Stimme Garant dafür, dass dieses Verhältnis keine Einbahnstraße ist, führt also kein Weg vorbei. Dank zahlreicher Hits, für die das Formatradio erst erfunden werden musste, Duetten mit Joe Cocker, Tina Turner oder Luciano Pavarotti sowie rund 50 Millionen verkaufter CDs gilt der Mann als erfolgreichster Pop-Export Italiens, für das er schon immer ebenso synonym steht wie der Mailänder Dom, Bolognese-Sauce – oder Gelati, Gelati, das am Donnerstag in der Wiener Stadthalle nicht ganz ironiefrei feilgeboten wird, ehe der Barde die Bühne betritt.

Eins zu null für Eros

Mit seiner sechsköpfigen Band und drei Background-Sängerinnen gibt der heute auch nicht mehr ganz so junge Römer dort höflich abgenickte Auszüge aus seinem aktuellen Album "Ali e radici" zum Besten, ehe der zweistündige Abend bald als Best-of-Programm fortgeführt wird. Leger in Jeans und T-Shirt führt Eros – DER Eros! – durch Balladenklassiker wie "Se bastasse una canzone" oder "Adesso tu" und freilich nicht weiter unangenehm auffallenden Radiopop mit "Dove c’è musica" oder "Cose della vita". Mit einer über weite Strecken stilsicheren Bühnen- und Lichtshow, von der so mancher Mainstream-Popper noch etwas lernen könnte, hat Ramazzotti als lässiger Ragazzo mit Charisma das Publikum auch während eines etwas länglichen Akustik-Teils fest im Griff – müßig, sich über die für das Fach unabdingbaren Missverständnisse zu mokieren, die sich in üppiger Solierkunst an E-Gitarre und Softporno-Saxofon veräußern.

Wie der Abend also war, beantwortet Ramazzotti gegen Ende hin mit "Queste immenso show" gleich selbst. Nach der aktuellen Single "Parla con me" und dem einst für Michelle Hunziker geschriebenen "Più bella cosa" als Zugaben steht es letztlich eins zu null für ihn. Das Publikum dankt, die Frauen sind begeistert, die Männer erleichtert. Ciao, bello!

(Wiener Zeitung, 27./28.2.2010)

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