Das Donaufestival startet in die sechste Saison. Thema diesmal: "Failed Revolutions"
Wien/Krems. In seiner sechsten Saison beschäftigt sich das Donaufestival mit dem Thema "Failed Revolutions". Genauer untertitelt Intendant Thomas Zierhofer-Kin in seinem Mission Statement: "Gescheiterte Revolutionen – oder ist das Betäubungsmittel einfach zu stark, um die Verdammten dieser Erde aufwecken zu können?"
Damit ist die Marschrichtung vorgegeben. Alleine durch die Instrumentalisierung ihrer Begrifflichkeiten werde die Revolution als solche entmachtet. Stichwort: HC Stra-"Che" oder "die Revolution von Maybelline Jade!" Scheinrevolutionen sind allgegenwärtig, doch sucht man nach gesellschaftlichen Real-Umstürzen dann doch etwas länger.
Bunt geschnürte Leistungsschau
Das Donaufestival begibt sich auf Ursachenforschung. Und verhandelt zahlreiche Teilaspekte seines Leitmotivs mittels Film, bildender Kunst und Performances. Diskurs und Tanz sind somit verwoben. Immerhin gilt das Festival, seit es im Jahr 2005 von Zierhofer-Kin neu ausgerichtet wurde, als wichtige Spielwiese der zeitgenössischen Pop-Avantgarde – und stößt damit auch international auf Anerkennung. Mit einem bunt geschnürten Line-up, dessen Bands so etwas eint wie die Auslotung popmusikalischer Randbereiche (ohne dabei bloß eine Randnotiz zu sein), wird dieser Avantgarde auch heuer auf den Zahn gefühlt.
"Gescheiterte Revolutionen" spielen dafür nur teilweise eine Rolle; etwa, wenn die famose österreichische Band Ja, Panik ("The Angst And The Money") zu einer "Entgiftung" lädt oder die auf Krawall und Remmidemmi programmierten Spaßgesellen von Deichkind ihre Diskurs-Operette aufführen. Die solchermaßen als Leistungsschau von Pop 2010 programmierte Musikleiste wäre aber auch zu vielfältig, die beteiligten Künstler zu unterschiedlich, um sie einem einzigen Thema zu unterwerfen.
Höhepunkte gibt es viele. So präsentiert etwa Noah Lennox von den New Yorker Experimental-Poppern Animal Collective unter seinem Alias Panda Bear Beach-Boys-Gedächtnischöre zu atmosphärischem Raumhall, während die auf den ironischen Umgang mit dem Geschlechterdings programmierte Electro-Clash-Ikone Peaches mit Umschnalldildo zwischen verschwitztem Synthie-Punk und hormonell verdächtigem R’n’ B auf den Dancefloor lädt. Lustiger dürfte es nur bei Dan Deacon zugehen, der als vergnüglichster Allein-Unterhalter der Elektronik-Szene närrische Feste mit Publikumsbeteiligung feiert.
Entdeckungsreise zum Saubartel-Rock
Im ernsten Fach wiederum widmen sich Jamie Stewarts Xiu Xiu gemeinsam mit Deerhoof den Post-Punk-Heroen Joy Division, deren Debütalbum "Unknown Pleasures" aus 1979 sie live zu covern gedenken. Für schaurig-schöne Balladenkunst garantieren die Tindersticks, und Rufus Wainwright erinnert als Gay Messiah an sein opulent erschallendes Songwriting.
Neu zu entdecken gilt es hingegen die wunderbaren Fuck Buttons, deren grundsätzlich vom Noise kommende Soundschlieren von einem Höchstmaß an Harmonie kontrastiert werden. Oder das israelische Trio TV Buddhas, das mit psychedelischem Saubartel-Rock auf den Spuren etwa von Black Sabbath wandelt. In diesem Sinne: Das lohnert sich!
(Wiener Zeitung, 21.4.2010)
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