Mittwoch, Mai 26, 2010

Foals: Klangspiele statt Akkordarbeit

Man kann es versuchen, das aus Oxford stammende Quintett Foals um Sänger Yannis Philippakis als bloß eine weitere Band im Indie-Universum kleinzureden – weit kommen wird man damit allerdings nicht.

Die Band mag auf ihrem Debütalbum "Antidotes" aus dem Jahr 2008 zwar durchaus davon profitiert haben, dass ihre zum Sound der Zeit passenden Sturm-und-Drang-Kracher mit quengeligen Gitarren und zackig gedroschenem Schlagzeug auf Biegen und Brechen in die urbanen Indie-Clubs drängten. Allerdings bemühte sich die Band dabei um Distinktionsgewinn und ließ neben Post-Punk-Referenzen und Anleihen bei Robert Smiths Gothic-Altvorderen The Cure nicht nur reichlich Funk zu, der Vergleiche mit den Talking Heads nach sich zog. Gerne flackerte bei den Indie-Rockern auch die Minimal Music eines Steve Reich durch die Stücke, festgemacht in zackigen Bläsersätzen, die sich mit flirrender Unterhaltungselektronik vergnügten. Das gefiel – und man hatte das so tatsächlich noch nicht gehört.

Während sich die Besprechungen des Debütalbums vorwiegend um die von der PR-Propaganda in Erinnerung gebrachte Strömung des Math-Rock drehten oder die Band im Umfeld der Afropop-Bewegung verortet wurde, sprachen Foals selbst von der Fortführung elektronischer Tanzmusik mit den Mitteln der Sechssaiter. Und sie brachten ihre im Grunde recht schlichten Absichten schön so auf den Punkt: "Wir wollen Musik machen, zu der die Mädchen tanzen."

Diese Mission scheint auch insoferne geglückt, als die Band auf ihrem heuer nachgeschobenen Zweitling "Total Life Forever" mit einem Song namens "Spanish Sahara" verdächtig nach Coldplay im Endstadium ihrer Larmoyanz klingt. Aber im Ernst: Mit einem Wechsel in Richtung Entschleunigung und einem strengeren Fokus auf die Vorgaben des Songs unterstrich die Formation ihre Talente nachhaltig.

Bei einer einstündigen Vorstellungsrunde im gut besuchten Flex in Wien ging sie mit dem funky Titelstück der neuen Scheibe in die Vollen und verheizte Hits wie das im Stechschritt vorgetragene "Cassius" bereits zu Beginn. Mit den Gitarren am Brustbein, und nicht wie im echten Rock’n’Roll als phallische Verlängerung gebraucht, bot sie Klangspiele statt Akkordarbeit: Umrahmt von beigestellten Keyboards zupften Foals an ihren Gitarren, anstatt an deren Saiten zu reißen.

Ehrliche Handarbeit


Foals live, das ist – tendenziell leider – aber auch eines: ehrliche Handarbeit. So mangelte es den im Studio polierten Songs wie etwa dem nach The Cure an einem guten Tag klingenden "Miami", befreit von ihren elaborierten Arrangements, an Dringlichkeit und Tiefgang. Besser funktionierten schön vor sich hin groovende Stücke wie "Olympic Airways" oder "Balloons". Die Erschöpfung ob ihrer 15-stündigen Anreise überspielte die Band gekonnt – Philippakis ließ sich das Crowd-Surfen nicht nehmen und schwang die Gitarre bei einem Spaziergang über die Flex-Bar lässig weiter.

Trotzdem: Nach "The French Open" sowie "Two Steps, Twice" als Zugaben fühlte man sich eher überredet. Es blieb bei einem Sieg nach Punkten.

(Wiener Zeitung, 27.5.2010)

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