Dienstag, Mai 18, 2010

Lagerfeuer-Metal und spröde Romantik

Hellsongs und Jeremy Jay sind demnächst in Wien zu Gast.

Wenn es um Künstler geht, die ihre Karriere auf Cover-Versionen aufbauen, ist mitunter Vorsicht geboten. Man denke an die im Zeichen des schlechten Witzes stehenden Alben des Entertainers Richard Cheese ("I’d Like A Virgin") und die darauf zur Schau gestellte Kunst, Weltscheiben in ein Soundkleid zu hüllen, das vor allem auf den roten Teppichen von Las Vegas ein leichtes Spiel hätte. Wären da nicht jene bevorzugt unter der Gürtellinie angesiedelten Albernheiten, die den Crooner in seiner Heimat eher zu einer Karriere abseits der Öffentlichkeit zwingen. Und auch an die nicht nur latent bescheuerten Polka-Parodien eines "Weird Al" Yankovic sei kurz erinnert.

Ebenso Geschmackssache, musikalisch aber ernst gemeint sind die Bemühungen der französischen Band Nouvelle Vague, alte New-Wave-Kracher aus der Feder von Joy Division oder Yazoo etwa in Bossa-Nova-Versionen erklingen zu lassen.

Etwas Ähnliches versuchen auch Hellsongs, die nächsten Mittwoch in Wien gastieren. Das optisch unschwer als skandinavisch zu identifizierende Trio um (Neo-)Sängerin Siri Bergnéhr greift auf Hard-Rock- und Heavy-Metal-Klassiker zurück und bastelt daraus zart arrangierte, akustische Lagerfeuermusik. Kurz: So hat man Metallica oder Iron Maiden noch nie gehört. Melancholisch bis leichtfüßig beschwingt wird dem Rohmaterial aber eher gehuldigt, als es für ironisch gebrochenen Schabernack zu missbrauchen. Mögen muss man das trotzdem. Immerhin klingt das Ergebnis bisweilen verdächtig nach dem potenziellen Soundtrack für die US-Krankenhausserie unseres Misstrauens.

Uneingeschränkt empfohlen sei hingegen das Konzert von Jeremy Jay im rhiz: Den jungen Songwriter aus Los Angeles muss man nicht nur hierzulande erst entdecken. Nach seinem Einstand im Zeichen verhuscht geschrammelter Lo-Fi-Songs lieferte Jay mit "Slow Dance" zuletzt ein heimliches Album des Jahres 2009. Ohne die spröde, schlampige Ästhetik seiner Lieder zu verwischen, griff der Musiker darauf erstmals auch auf dezente, elektronische Klang-Ornamente zurück, die eine unterkühlte New-Wave-Atmosphäre erzeugten.

Worum es dem filmaffinen Jungmann dabei geht, erklären Songtitel wie "A Place Where We Could Go" oder "Slow Dance" bereits: Wir haben es mit grundsätzlich verträumten und sehnsüchtigen Klangsphären zu tun. Live mit dabei: Neues Material, das heuer im Frühjahr ("Splash") und im Herbst ("Dream Diary") erscheinen wird.

(Wiener Zeitung, 19.5.2010)

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