Donnerstag, Juli 15, 2010

Hippiebärte im Querflötendickicht

Eine Frage beschäftigt Skeptiker, wenn es um Midlake geht: Kann man diese Band aus Denton, Texas, lieb haben? So richtig?

Auch im Wiener WUK muss darauf mit "Jein" geantwortet werden. Am Mittwoch führte die Band durch ihre sehr spezielle Klangwelt, die gerne als Mischung aus dem 70er-Jahre-Rock von Fleetwood Mac oder America und britischer Folk-Psychedelik der Dekade davor beschrieben wird. Dabei bestach der zu siebent angereiste Trupp gleich eingangs mit Live-Qualitäten, gewann seinem Œuvre mehr Druck ab. So geschehen bei "Children Of The Grounds", dessen einleitendes Gitarrenmotiv auch von anderen Spät-60er-Helden stammen könnte: den wunderbaren Love um Arthur Lee.

Nach Anfängen als am Funk interessierte Jazzstudenten experimentierten Midlake auf ihrem Debütalbum "Bamnan und Slivercork" 2004 munter herum. Songwriter Tim Smith trieb die Band durch Indie-Gefilde und ließ Bands wie The Flamings Lips oder Grandaddy als Inspirationsquellen durchschimmern. Ein weiterer Richtungswechsel aber erst ließ die Bandwerdung zu: Auf "The Trials of Van Occupanther" hatten sich Midlake 2006 gefunden. Die daraus gereichten Nummern waren die Highlights im gut aufgeheizten WUK.

Mit bisweilen fünf Gitarren gleichzeitig und sanft beigestelltem Klavier gab die Band im maximal mittleren Tempobereich gehaltene Kleinode wie "Head Home", mit dem Smith den bodenständigen Ansatz seiner naturzentrierten Lyrik so charakterisierte: "Bring me a day full of honest work / And a roof that never leaks / And I’ll be satisfied." Das melodieselige "Young Bride" gefiel ebenso wie die gefühlvoll-sentimentale Ballade "Branches", Midlakes Hit "Roscoe" ist ohnehin eine Bank. Schön entfalteten sich die für die Band so typischen, harmoniereichen Gruppengesänge.

Diese Mischung aus konzisem Songwriting und feinfühligen Arrangements konnte die Band auf ihrem aktuellen Album "The Courage Of Others" aber nicht wiederholen. Auch live klangen Stücke wie "Bring Down" oder "Acts Of Man" eher uninspiriert und wie die Begleitmusik zum Hippie-Yoga. Passend dazu ragten Querflöten aus den bärtigen Gesichtern der Herren im Holzfällerhemd.

Dazwischen beglückten Midlake mit zwei, drei durchaus rockistischen Jams ihre Fans. Die Skeptiker hingegen fühlten sich eher bestätigt – trotz eines guten Konzerts.

(Wiener Zeitung, 16.7.2010)

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