Horse Feathers und Scott "Wino" Weinrich kommen nach Wien
Ihr Œuvre erklärten Horse Feathers im Jahr 2008 mit dem Cover ihres Albums "House With No Home", auf dem inmitten einer kargen Winterlandschaft eine Holzhütte prangte. Siehe dazu Bruce Low und dessen noch heute zwischen Karwendel und Koralpe weltberühmten Schlager "Das alte Haus von Rocky Docky": "Dieses Haus ist alt und hässlich, dieses Haus ist kahl und leer. Denn seit mehr als fünfzig Jahren, da bewohnt es keiner mehr."
Schließlich lieferte die um Mastermind Justin Ringle wechselnd besetzte Band mit bodenständigen Folksongs zwischen Banjo, Wanderklampfe sowie durchaus im Sinne der Fidel gebrauchter Violine den potenziellen Soundtrack für Rotweinabende am Kamin verlassener Bergunterkünfte. Lieder über Verlust, Abschied und Einsamkeit gesellten sich zur Bestandsaufnahme einer Jugend ohne Hoffnung, die Ringle mit "Working Poor" wie aus dem Ärmel schüttelte – um damit ganz nebenbei für einen Moment Sozialkritik, auch durchaus im Sinne eines Bruce Springsteen, zu sorgen. Die Welt ist kalt und kälter, und "House With No Home" also in mehrerlei Hinsicht ein Winteralbum. Gegenwärtig tourt die aus Portland stammende Formation mit ihrer neuen, etwas zuversichtlicher ausgefallenen Arbeit "Thistled Spring" und den kanadischen Kollegen von Woodpigeon durch Europa. Freunde der Americana-Helden The Low Anthem, denen auch bei Bonnie "Prince" Billy oder Iron & Wine das Herz aufgeht, sollten damit bestens bedient werden.
Während die Kunst der akustischen Darbietung im Gürtel-Club rhiz zu ihrer reinen Form finden dürfte, darf man in der Szene Wien vor allem gespannt sein: Mit Scott "Wino" Weinrich verspricht hier jemand ein Akustik-Set, den man bisher vor allem an dröhnenden wie auf Anschlag gestellten Gitarren erkannte. Als Vorstand der nicht nur genreprägenden Doom-Metal-Bands The Obsessed ("Lunar Womb") und der jüngst wiedervereinten Saint Vitus ist der Mann nichts weniger als eine Legende. Nach kommerziell wenig bedankten Arbeiten mit Place of Skulls, The Hidden Hand oder der Supergroup Shrinebuilder ließ sich das Arbeitsmotto des als Workaholic bekannten Musikers auch noch auf seinem späten Solodebüt mit "Punctuated Equilibrium" in etwa so auf den Punkt bringen: "Aargh!" Allerdings seien auch einem wilden Hund Phasen der Altersmilde vergönnt.
Do, 30. September: Horse Feathers (rhiz, 22 Uhr), Wino (Szene Wien, 20 Uhr)
(Wiener Zeitung, 29.9.2010)
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