Freitag, Oktober 15, 2010

School of Seven Bells: Disconnect From Desire

Der Albumtitel führt in die Irre: "Disconnect From Desire" klingt sehr wohl sehnsüchtig, dazu süßlich, schmachtend, verträumt – wie sich das eben gehört für eine Band, die sich einer erneuerten, eher am Zeitgeist orientierten Spielform des Dream Pop verschrieben hat. Man nehme ein Stück wie " I L U" als Beispiel, bei dem die Band zu großem Popkino aufläuft, um ganz beiläufig auf die Tränendrüse zu drücken: "There are so many things / I wish I knew how to say / in a way that you’d understand / but I can’t / So many times I’ve tried / looking into your eyes for a sign / That maybe you feel the same / but you don’t."

Mit Album Nummer zwei bleiben sich School of Seven Bells also selbst treu – zumindest im Kern. Das Trio um den ehemaligen Secret-Machines-Gitarristen Benjamin Curtis sowie die Zwillingsschwestern Alejandra und Claudia Deheza präsentierte bereits auf seinem Debütalbum "Alpinism" (2008) ätherische Songs mit esoterischen Breitseiten. Spezialgebiet: einlullende, in die Länge gezogene Sirenengesänge, seufzende Backgroundvocals, athmosphärischer Raumhall.

Nun unterstreicht die Band gleich eingangs mit dem einigermaßen glatt ausgefallenen, hübsch melodiösen "Windstorm", dass sie den Vorgaben des Popsongs noch stärker als bisher folgt – und kehrt ihre Ohrwurmqualitäten hervor. Das führt bei "Heart Is Strange" zum Retrotanz durch die 80ies-Disco, während bei "Babelonia" die Stromgitarre im Mittelpunkt steht und das gekonnt arrangierte "Camarilla" feine Synthie-Arbeit zur Schau stellt.

In Sachen Songwriting ist der Band nichts vorzuwerfen, im Gegenteil, und ihren betörenden Klangkosmos hat sie ohnehin abgesteckt. Nach gut 50 Minuten reicht es dann aber wieder: Die Dosis macht das Gift, und so sind auch School of Seven Bells mit Vorsicht zu genießen. (FulltimeHobby/Pias/Rough Trade)

(Wiener Zeitung, 16./17.10.2010)

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