Donnerstag, März 03, 2011

Dienst auf sicherem Terrain

Der britische Barde und Frauenversteher James Blunt gastiert in der Wiener Stadthalle.

Der US-amerikanische Schauspieler und Schlagersänger David Hasselhoff gilt bekanntlich als jener Mann, der die Berliner Mauer zum Einsturz brachte. Von James Blunt wiederum weiß man seit Ende des vergangenen Jahres, dass er im Jahr 1999 – womöglich – den Dritten Weltkrieg verhinderte. Als hätte der Sänger mit dem supervielen Gefühl in Stimme und Werk noch nicht genug für uns geleistet!

Während seines Militärdienstes hatte der Brite einst den Befehl erhalten, den von zweihundert russischen Soldaten besetzten Flughafen in Priština zu erobern. Blunt verweigerte, erhielt Unterstützung durch den zuständigen KFOR-Kommandeur und gab sich im BBC-Interview zuletzt also überzeugt, dass Gehorsam damals den Dritten Weltkrieg hätte auslösen können.

Nach seinem Einsatz im Rahmen des Kosovo-Konflikts und einer militärischen Laufbahn, die sechs Jahre gedauert und ihm den Dienstgrad des Hauptmannes eingebracht hatte, wechselte der 1974 in eine Familie mit Militärtradition geborene Blunt allerdings den Berufsstand.

Kuschelweicher Faserschmeichler

Unter dem Motto „Lieder statt Waffen“ wurde er bei Linda Perry, bekannt als Sängerin der 4 Non Blondes und mit Songwriting für Gwen Stefani, Christina Aguilera, Pink oder Céline Dion vor allem im Hintergrund tätig, und deren Label Custard Records vorstellig. Der Rest ist Geschichte: Auf vergleichsweise sicherem Terrain zwischen Radio Burgenland und dessen globalen Entsprechungen wurde Blunt zum liebsten Liedermacher aller Schwiegermütter der Welt. Hits wie „You’re Beautiful“, „High“, „Wisemen“ oder „1973“ sicherten ihm nicht nur einen kugelsicheren Lebensabend dereinst als Songwriter a. D. Sie meißelten auch Blunts Stellung als kuschelweicher Faserschmeichler, als Schmusesänger und Versteher sämtlicher Töchter aller Schwiegermütter der Welt für immer in Stein. Solider Radiopop, lascher Kuschelrock, von Streichern umspielte Balladen mit mildem und weniger mildem Pathos: Jedes Lied von James Blunt ist als Klanguntermalung für die Krankenhausserie unseres Misstrauens und den Showblock in „Wetten, dass ..?“ bestens geeignet. Wir haben es mit Musik für Menschen zu tun, die Musik vor allem als Unterbrechung des Verkehrsfunks wahrnehmen.

Auf Augenhöhe

Komponiert im Intentionsmodus „berühren wollend“, setzte Blunt auf seinen Alben „Back To Bedlam“ aus 2004 sowie dem drei Jahre später nachgeschobenen „All The Lost Souls“ auf die Nachdenklichkeit eines Mannes, der sich, reich an Erfahrung, als Seelentröster und Kraftspender anbot und aufopferte. „Das Leben ist für alle hart – selbst für mich“, schien Blunt zu suggerieren und ermöglichte seinem Publikum eine Begegnung auf Augenhöhe.

Auf „Some Kind Of Trouble“, das der Barde demnächst in der Wiener Stadthalle live vorstellen wird, bemüht sich Blunt mit beschwingt-heiteren Stücken wie „Stay The Night“ und „I’ll Be Your Man“ aktuell zwar um mehr Zuversicht. Der große Rest wird dem Hörer aber musikalisch und inhaltlich bestens vertraut vorkommen. Es geht um unerfüllte Sehnsüchte („Heart Of Gold“), verblasste Jugendliebe und nostalgische Rückblicke („These Are The Words“), gefährliche Liebschaften („Dangerous“), den Weg zu neuen Beziehungen („Stay The Night“), das Festhalten am eigenen Partner („I’ll Be Your Man“) und die daraus gewonnenen Rückschlüsse auf das Leben als solches.

Mit dem aufbrausenden „Turn Me On“ will uns James Blunt am Ende dann noch ordentlich rocken: Das geht nicht gut. Auch dieser Schuster, man muss es ihm zugestehen, ist bei seinem übrigen Leisten durchaus authentisch.

16. März, Wiener Stadthalle. Beginn: 20 Uhr.

(Wiener Zeitung, 4.3.2011)

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