Dienstag, März 29, 2011

Disco-Look mit Federnschmuck

Fantastische Jamiroquai begeisterten in Wien mit ihrer Zauberformel aus Funk, Soul und Disco

Outer space, Düsenjet, Brummbrumm, Discodancing, "Baby, lass uns zu mir gehen und Liebe machen", Quietsch, Kawumm: Worum es bei Jamiroquai im Kern bereits immer ging, wurde den 8000 Konzertgängern in der Wiener Stadthalle am Montag knapp auf den Punkt gebracht. Weil die Umstände im echten Leben da draußen so widrig sind, kann, darf, muss man es sich mit allen denkmöglichen Mitteln erträglich machen. Kopf und Schultern nach oben, ein Lächeln auf die Lippen, durchatmen, wird schon, geht ja, ach, wie ist das Leben schön!

Seit sich die Band um Sänger Jay Kay 1992 in London formierte, geht es darum, die Sonnenseite des Lebens als akustisches Butterbrot abzufeiern. Nach Anfängen im Umfeld des sogenannten Acid Jazz, der Beigabe von etwas mehr Pop und einer daraus resultierenden Weltkarriere mit freundlicher Unterstützung von MTVIVA hat sich die Band dafür schon immer die geeignetsten Musiken ausgesucht. Knackiger Funk, beherzter Soul, wummernde Blitzhüttenklänge, vorgetragen mit einem erheblichen Groove: Der Funk des weißen Mannes bescherte Jay Kay als vermutlich einzigem Strickhauben-Hippie auf Mutter Erde einen Fuhrpark mit Mindestniveau Ferrari, Porsche und Lamborghini.

Nach ihrer Hochphase Mitte bis Ende der 1990er-Jahre wurde es etwas stiller um Jamiroquai. Auf die Veröffentlichung des Albums "Dynamite" im Jahr 2005 folgte eine Schaffenspause, aus der die Band erst Ende des Vorjahres mit "Rock Dust Light Star" zurückkehrte; der Titelsong daraus eröffnete das Wien-Konzert mit geerdetem Soulrock. Unterstützt von seiner achtköpfigen Band und drei Backgroundsängerinnen, brachte Jay Kay die Halle damit nicht nur zum Toben. Der homogene, mit fortwährender Dauer eventuell auch als eintönig zu bezeichnende Groove lehrte die Wiener vor allem, ihre Körperbeherrschung zu überwinden: Köpfe nickten, Hüften kreisten, Booties shakten. Mehr Bewegung hat diese Halle seit dem Prince-Konzert im Juli nicht mehr erlebt.

Ein stimmlich erstaunlich starker Jay Kay führte als Space-Cowboy und Disco-Sioux mit Federnschmuck durch den knapp zweistündigen Abend. Plastikplaneten baumelten wie Discokugeln von der Decke, Spaceshuttles starteten auf der Videowall in den Orbit. Neben den Ringen des Saturn und inmitten der Nebel des Mars bliesen Saxofon und Trompete zum Marsch über den Dancefloor. Von dort weg dauert es bekanntlich nie lange bis zur sexy time im Schlafgemach. Heftig bejubelte Hits wie "Little L", "Cosmic Girl" oder "Alright" kündeten davon. Nur "Love Foolosophy" erzählte als einsamer Ausreißer davon, dass der g’schupfte Ferdl in der Disco schon immer ein trauriger Barhocker war.

Mit heftig zuarbeitenden Keyboards trugen das einst auch auf dem Soundtrack zu "Godzilla" veröffentlichte "Deeper Underground" oder "Feels Just Like It Should" dicker auf, ehe das luftige "White Knuckle Ride" dem Treiben ein Ende setzte. Ein Konzert wie der Abschlusswitz in der "ZIB 2": Mit einem Lächeln im Gesicht schritt man der Restnacht entgegen.

(Wiener Zeitung, 30.3.2011)

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