Mittwoch, April 06, 2011

Musikbotschafter mit politischer Vergangenheit

Gilberto Gil, brasilianischer Liedermacher und Ex-Kulturminister seines Landes, gastiert demnächst im Wiener Konzerthaus.

Die Karriere des brasilianischen Liedermachers Gilberto Gil begann in den frühen 60er Jahren und brachte somit zwei Umstände mit sich: Einerseits wurde sein der Moderne verpflichtetes Schaffen von der gesellschaftlichen Öffnung seiner Heimat grundsätzlich beflügelt. Andererseits kam dem politisch wachen Gil, der seine Anliegen schon früh auch in seinen Arbeiten artikulierte, die staatliche Repression in die Quere. Wie auch sein Freund und Weggefährte Caetano Veloso verkörperte Gil den Dorn im Auge der Militärdiktatur.

1942 als Sohn eines Arztes in gutsituierte Verhältnisse geboren, studierte Gil zunächst Betriebswirtschaft, ehe er sich auch beruflich ganz der Musik zuwenden sollte. In seiner Kindheit spielte der im Landesinneren und in Salvador da Bahia Aufgewachsene Akkordeon; der bis heute als sein Stamminstrument fungierenden Gitarre widmete er sich erst, nachdem er als Jugendlicher mit dem Bossa Nova in Berührung gekommen war. Der neue Musikstil, der das Land seit den späten 50er Jahren infizierte und wie nichts sonst für den Aufbruch Brasiliens stand, wurde auch für Gil zum künstlerischen Nährboden.

Verwurzelt in der sogenannten Tropicalismo-Strömung vermengte Gil die Musiken seiner Heimat mit Einflüssen der westlichen Popularmusik und stieg damit zu den Stars der Música Popular Brasileira auf.

Musik regiert

Nach der Verhaftung Gils und Velosos durch das Regime im Jahr 1968 flüchteten beide ins Exil nach London. Nach seiner Rückkehr erweiterte Gil seinen Sound um afrikanische Musiken und Reggae und wurde nun auch global unter dem zweifelhaften "Weltmusik"-Label gefeiert. Im Jahr 1999 erhielt er für "Quanta Live" schließlich auch den Grammy in der Kategorie "Best World Music Album".

Seine zweite Karriere als Kulturminister Brasiliens von Präsident Lula da Silvas Gnaden in den Jahren 2003 bis 2008 stieß auch inhaltlich auf viel Kritik. Nach seinem Rückzug im Stillen regiert heute wieder die Musik. Und wie soll man es sagen? Die steht ihm deutlich besser.

Live am 12. April im Wiener Konzerthaus


(Wiener Zeitung, 7.4.2011)

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