Montag, Juli 18, 2011

Geheimoperation Pensionsfonds

Ex-Beatle Ringo Starr spielte mit seiner All-Starr Band ein Open-Air-Konzert in der Arena.

„What would you think if I sang out of tune?“ – Ringos Frage aus „With A Little Help From My Friends”, das ihm Lennon/McCartney einst mit Rücksicht auf seinen beschränkten Tonumfang komponierten – Songwriting, hier stets die Kunst des Möglichen –, beantwortete das Publikum in der Arena gelassen. Was auch immer Ringo ihm antat, es klatschte so dankbar wie eine Gruppe Pauschaltouristen nach der Landung auf Madeira.

Bei seinem 28. und letzten Tour-Konzert war der Mann mit dem vielen Geld und der wenigen Ambition durchaus frech. „We played a lot of venues“ – und wo man nun Lob für Wien erwartet hätte, zeigte sich Ringo ernüchtert. „And this is another one.“

Eine Herausforderung

Weil dem Ex-Beatle schon immer der Schalk im Nacken saß, war ihm deshalb zwar niemand böse – die Musik erwies sich dann aber doch als Herausforderung. Der 71-Jährige, der nicht nur für sein Alter hervorragend aussieht, hielt sich mit Songs von den Beatles, die er kokett als „another band I was in“ bezeichnete, weitestgehend zurück. Und auch mit Material aus seiner Solokarriere, das irgendwann so konsequent an den Charts scheiterte, dass Ringo seine All-Starr Band gründete, um sein Publikum zumindest live noch zu finden, wurde alles andere als geklotzt.

Als Arbeitgeber mit krisenresistentem Pensionsfonds überließ Ringo seinen All-Starrs das Feld. Diese widmeten sich historischen Missverständnissen: Edgar Winter, den man sich vorstellen muss als anorektischeren Vader Abraham mit der Frisur von Bert Wollersheim, dem Zuhälter von RTL 2, solierte am Umhängekeyboard (Himmel!), während Richard Page an den Prog-Pop seiner Band Mr. Mister erinnerte (Du meine Güte!). Gary Wright sang das käsige „Dream Weaver“, Rick Derringer ... Teufel auch und: Schwamm drüber. Wer wissen will, wie sich „Act Naturally“ anhörte, komme bitte zu einem entsprechenden Tanzabend in die Akutgeriatrie seines Vertrauens.

Ringo und Gregg Bissonette trommelten synchron (!), das Publikum durfte sich den Bierzelt-Remix von „Yellow Submarine“ selber singen und sich, befriedet von Starrs Love-and-Peace-Botschaften, sicher sein, dass es einer Legende begegndet war: Weniger und mehr konnte man von diesem Abend auch nicht erwarten.

(Wiener Zeitung, 19.7.2011)

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