Donnerstag, Juli 07, 2011

Wahnsinn mit Struktur

Battles in der Wiener Arena.

„Als ich die Battles gesehen habe, dachte ich: Verdammt, warum ist mir das nicht eingefallen?” – kennt man den Ursprung dieses Zitats, wird dahinter ein großes Kompliment offensichtlich. Mit Brian Eno, der sich der Grenzlandforschung verschrieben hatte, als es im Pop noch Welten zu erschließen gab, streute den Battles kein Geringer Rosen. Immerhin erfand der Mann nicht nur die Ambient-Music, er arbeitete etwa auch mit David Byrne an der Schnittstelle von Funk und Avantgarde.

Diese ist nun auch den Battles aus New York sehr wichtig. Abseits der ausgelutschten Phrase, dass hier wieder einmal jemand sein ganz „eigenes Ding“ zu machen gedenkt, entsteht dabei ein tatsächlich frischer Ansatz. Die durch ihre Vergangenheit in Bands wie Helmet oder Don Caballero in Sachen Rhythmus bestens geschulten Musiker verschränken Elemente aus Hardcore, Post- wie Math-Rock, Minimal Music und Unterhaltungselektronik mit Funk. Die größtenteils instrumentalen Ergebnisse sind dabei ebenso tanzbar wie rhythmisch vertrackt. Sie fransen in alle Richtungen aus und sind doch immer präzise. Wahnsinn geht bei den Battles mit Struktur einher – man kennt das auch aus dem Erwerbsleben.

Dadaistische Silbengesänge


Während der Aufnahmen zum zweiten Album „Gloss Drop“, das beim Konzert in der Wiener Arena im Vordergrund stand, verließ Gründungsmitglied Tyondai Braxton die Band, um sich der Neuen Musik zu verschreiben. Die Battles mussten umplanen. Sie luden Gastsänger ein, die in der Arena auf Videoscreens ihren Dienst versahen: Kazu Makino von Blonde Redhead säuselte sich durch „Sweetie & Shag“, Synthie-Meister Gary Numan beglückte zum metallischen „My Machines“ mit wunderbarem Selbstreferenzialismus: „Welcome to the sound of my life. My machines sing songs for you to live for.“

Während die Band hier wie auch mit Stücken wie „Africastle“ bewies, dass sie durchaus düster tönen kann, so unterstrich mit „Ice Cream“ ein Hit, dass die Battles vor allem aus Spaß an der Freud’ agieren. Matias Aguayo ergänzte dadaistische Silbengesänge.

Kurz angeschlagene Funk-Gitarren, geschleust durch einen Fuhrpark an Effektgeräten, ließen das Konzert im Verbund mit komplexen Hochpräzisionsbeats zu einem körperlichen Erlebnis werden – vor allem für den musikalischen Multitasker Ian Williams an Gitarre und Keyboards, der sich den sprichwörtlichen Dodel herunterschwitzte. Im Publikum war man sich einig: ein toller Abend!

(Wiener Zeitung, 8.7.2011)

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