Brett Anderson meldet
sich mit seiner verdienten Britpop-Band Suede zurück
- Erstes Album
seit elf Jahren: Am Freitag erscheint „Bloodsports“
In den frühen
90er-Jahren galten Suede nicht nur als Aushängeschild, sondern auch als
Triebfeder der Britpop-Welle, die ganz Kontinentaleuropa zu dieser Zeit
überrollte. Dass sich das selbstbetitelte Debütalbum des Quartetts über die
britische Heimat hinaus prächtig verkaufte, war aber insofern trügerisch, als
Suede zwar auch mit Nachfolgearbeiten wie „Dog Man Star“ oder „Coming Up“
künstlerisch einflussreich blieben – einer beachtlichen Karriere zum Trotz erwies
sich die auf Namen wie Blur und Oasis getaufte Insel-Kollegenschaft kommerziell
allerdings als wesentlich schlagkräftiger.
Die
Ästhetik der Band, die vor mittlerweile elf Jahren beschloss, (vorerst) getrennte
Wege zu gehen, ist dabei so einfach wie fesselnd: Im Grunde ging und geht es darum,
ein nicht zuletzt vom Glam-Rock der 70er-Jahre und entsprechend auch von David
Bowie in seiner Phase als Ziggy Stardust beeinflusstes Songwriting über Themen
wie Liebe, Lust und Leidenschaft in Richtung Dandytum, Dekadenz und Drama zu deuten.
Vor allem die auch von Brett Andersons markanter Stimme untermauerte Neigung zur
(romantischen) Tragödie wurzelte im Frühwerk in Songs, die mit rauschhaftem
Selbstverständnis zudem von toxischer Einflussnahme auf Körper und Geist kündeten.
Privat gelang Anderson der Sprung auf die gesündere Seite des Lebens nach einer
klischeevoll mit der nötigen Dosis Heroin verbrachten Zeit des plötzlichen
Rockstartums. Dass er sich während dieser auch mit seinem Schreibpartner und
(für den Sound der Band mindestens prägenden) Gitarristen Bernard Butler
überwarf, der Suede letztlich im Streit verließ, machte die weitere Karriere aber
nicht einfacher.
Das Album „Head Music“ (1999) etwa, auf dem unter Regie des
späten New-Order-Produzenten Steve Osborne Selbstfindung betrieben und verstärkt
auch elektronisches Beiwerk eingemeindet wurde, wird von Anderson rückwirkend
kritisch betrachtet. Nach dem drei Jahre später veröffentlichten, in seiner Grundstimmung
erstaunlich zuversichtlichen und am Ladentisch veritabel gefloppten „A New
Morning“ war dann auch Schluss. Anderson flüchtete in eine introspektive Solokarriere
im Zeichen der Samtballade und versöhnte sich mit dem gemeinsamen Projekt „The
Tears“ für die Dauer eines Albums mit Bernard Butler. Gerüchte über eine
Suede-Reunion kamen und gingen, ehe ein Zusammenschluss für Live-Konzerte der
Post-Butler-Mannschaft ab 2010 auch Hoffnung auf neues Songmaterial aufkommen
ließ. Dieses liegt nun mit „Bloodsports“ (Warner) vor und ist, Anderson zufolge,
als Gemeinschafswerk der Band zu hören, für das in Sachen Songwriting beinhart
selektiert wurde.
Dabei
lässt der Auftaktsong zunächst Skepsis aufkommen: „Barriers“ hält sich mit
großen Gesten nicht gerade zurück und schielt mit satten U2-Gitarren hörbar ins
Stadion, ehe der Refrain klassische Suede mit einem Schuss der
Post-Punk-Adepten Interpol kombiniert. Ähnlich glatt poliert wie in den
Strophen davor geht es mit „Sabotage“ aber nur ein weiteres Mal zu – „Snowblind“
hätte, für Fans beglückend, so oder so ähnlich auch im Jahre 1993 erscheinen
können, „Hit Me“ widmet sich druckvoll dem Sternenglanz und -glitzer und „It
Starts And Ends With You“ ist als klassischer Midtempo-Rock ebenso als
Höhepunkt anzuführen wie das nach Outer Space verweisende „Sometimes I Feel
I’ll Float Away“, das den zweiten Akt des Albums eröffnet. Bei gedrosseltem
Tempo wird hier auch für neue Klänge im Suede’schen Universum gesorgt, wenn
Andersons Stimme etwa bei „What Are You Not Telling Me?“ lichtdurchflutet
himmelwärts steigt.
Wie
viel Kunstblut nach den zehn Songs dieses würdigen Comeback-Albums geflossen ist,
möchte man freilich wissen. Andererseits muss hinter jedem Drama immer auch ein
Rätsel bleiben: „But will they love you / the way I loved you??"
(Wiener Zeitung, 13.3.2013)
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