Crazy Clown Time
und gute Stimmung: Die Eels im Gasometer
Was
ist schon normal im Leben? Häusl bauen am Land. Mitglied werden im Sparverein. Sonntags
Spaziergang plus Hund. Am Montag ins Büro einem Job nachgehen gehen, für den man
zwar kein Talent braucht, dafür aber Mut.
Dann
vielleicht doch lieber spinnert bleiben und etwas neben der Spur wie Mark Oliver
Everett alias E von den Eels. Nach dem Bauchredner im Vorprogramm seines
letzten Wien-Gastspiels lässt der Mann neben Nicole Atkins an der Gitarre aktuell
auch einen Zwei-Meter-Clown mit Hang zur Céline-Dion-Interpretation auftreten, dessen
als Affe verkleidete Assistentin Bananen verschlingt. Tatsächlich: Noch ehe es
mit den Eels losgeht, herrscht im Gasometer närrische Stimmung.
Es rumst und wumst
Die
Helden des Abends betreten die Betonbunkerhalle von Simmering in adäquat vorstädtischer
Freizeitbekleidung. In Trainingsanzügen aus dem Fabrikat eines gelernten
Bäckers aus Herzogenaurach geht es zur ersten Teambesprechung. Als Spieler-Trainer
und bestens mit körpereigenen Drogen gedopter Motivationscoach füttert Mark
Oliver Everett seine Vier-Mann-Band heute mit Leckerlis, wenn sie einen Song besonders
zünftig gegeben hat. Doch Vorsicht: Nach einer hochenergetischen Performance könnte
man das Feld so dennoch gwamperter verlassen, als man es vor eineinhalb
Spielstunden noch betreten hat.
Der
Ulk-Faktor des Abends jedenfalls überrascht auch deshalb ein wenig, weil man Everett
seit seinem programmatischen Karriereauftakt
mit der Single „Hello Cruel World“ im Jahr 1992 als Problemkünstler kennt. Nach
gut dokumentierten Schicksalsschlägen ging es im Werk entsprechend um
Krankheit, Herzschmerz und Selbstmord. Während auf dem aktuellen Album „Wonderful,
Glorious“ nicht nur über die Boxmetaphorik des auch live gegebenen „On The Ropes“
zwar alles ein Kampf bleibt, wird an das Licht am Ende des Tunnels heute aber zumindest
geglaubt.
Live
bleiben die Tränendrücker-Balladen von einst zugunsten der als
Planierraupen-Partie des Bluesrock fuhrwerkenden Eels also weitgehend
ausgespart. Wir hören karg instrumentierten und derb gegen die Wand gedonnerten
Schelmenrock, der rumst und wumst. Dazu passend klingt Everett wie der alte Tom
Waits oder ein Steyr-Traktor auf dem letzten Weg in die Garage.
Für
einen gespielten Witz samt Bette-Midler-Cover (!) darf auch der als Wiener
Sängerknabe verkleidete Zwei-Meter-Clown zurück auf die Bühne. Abklatschen. Gruppenumarmung.
Gib mir ein E! Mehr Manie wäre Wahnsinn, an diesem Wiederbelebungs-Abend aber ging
das mit dem Spaß mehr als in Ordnung.
(Wiener Zeitung, 23.4.2013)
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