- US-Rapper Snoop
Dogg und sein neues
Projekt 7 Days Of Funk
Erst
im April musste Snoop Dogg selbst über den Blödsinn lachen, den er sich wieder einmal
ausgedacht hatte. Schließlich kehrte der einstige Zuhälter, Pornoproduzent und
Gangsta-Rapper geläutert von einem Aufenthalt auf Jamaika zurück, wo es unter
seinem neuen Alias Snoop Lion nicht etwa nur galt, das Genre zu wechseln und
ein der Volksmusik des Gastlandes geschuldetes Album mit zurückgelehnten Reggae-Rhythmen
und aufgezwirbelten Dancehall-Sounds aufzunehmen. Auch gab sich der Mann als Reinkarnation
Bob Marleys zu erkennen, die von nun an nichts weniger als die Botschaft der
Liebe verkünden wollte. Friede den verfeindeten Ghettogangs und ihren munitionsumgürtelten
Eisenherzen!
Daraus
durfte man so seine Schlüsse ziehen. Die von tatsächlichen Gefängnisaufenthalten
und gekünsteltem Kriminaler-Gehabe geprägte Figur des wilden Hundes mit der
großen Schusswaffe in der Hose war immer auch eine, die sich zwischen autobiografischer
Faktenlage und den Schwindeleien der Entertainmentbranche in undurchsichtige Beglückungskraut-Nebel
hüllte. Und ja: Auch gelernt haben sollte man, dass lebenslanges Kiffen
mindestens maximal weich in der Birne macht. Eigenen Angaben zufolge gibt sich
Snoop Dogg täglich dem Genuss von bis zu 80 Sportzigaretten hin. Dass mit
schöner Regelmäßigkeit neue, wenn schon nicht immer auch inspirierte Alben erscheinen,
darf vor diesem Hintergrund als erstaunlich bezeichnet werden. Aber wer weiß, vielleicht
flunkert unser Übertreibungskünstler ja auch bei der Mengenangabe ein wenig.
Synthetik-Funk
Zweifelsohne
hinterlässt der Konsum seine Spuren im Werk. Nach einem neuerlichen Wechsel des
Pseudonyms zu Snoopzilla, um dem als Bootzilla aktiven Funker Bootsy Collins Tribut
zu zollen, kann das vor allem auf Snoop Doggs neuester Veröffentlichung nachgeprüft
werden. Auf dem selbstbetitelten ersten mit Produzent Dâm-Funk eingespielten Album
des Projekts 7 Days Of Funk (Stones Throw/Groove Attack) wird vordergründig
zwar dem synthetischen Funk der 1980er Jahre gehuldigt – was neben Umhängekeyboards
mit Hang zu narrischen Gummisolos jede Menge semi-elektronische Beats mit sich
bringt, die auch einem Prince gut anstehen würden.
Maximal im mittleren
Tempobereich angesetzt sowie mit verschwommenen und zerronnenen und dabei
beruhigend-nächtlichen Klangflächen ausstaffiert, wird gleichfalls aber eine
kleine Begleitmusik für das liebste Hobby unseres Rappers errichtet. Wir hören
repetitive, sanft fließende Muster, zu denen sich gut chillen lässt, und die
keine Verwirrung stiften, die ein Kiffer nicht braucht. Alles muss langsam
sein, nichts darf stressen oder verstören. Alles muss easy, alles muss lässig
sein und nach einer Familienpizza mit extra Käse gepflegt bei einer Packung
Cremissimo und zwei Twix-Riegeln als Besteckersatz enden. So zumindest schildern
es Experten.
Snoop Dogg und Dâm-Funk lehnen sich zurück. Der
Flow stimmt, die Stotter-Raps gehen schwer, letztlich aber smoothe über die
Lippen. Die Grooves wippen butterweich aus den Knien. Dass sich neben dem Coverdesign
auch die Titelanzahl etwa am frühen George Clinton orientiert, ist würdig und
recht – zeitigt nach sieben überraschend gelungenen Songs und lediglich 30 Spielminuten
aber ein jähes Ende. Kurz ist die Nacht, lang sind die Papers.
(Wiener Zeitung, 20.12.2013)
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