Mittwoch, Januar 17, 2018

Schwitzen und seufzen

Das heimische Duo Leyya präsentiert sein neues Album am Samstag am FM4-Geburtstagsfest.

Eferding im schönen Hoamatland Oberösterreich, es ist bekannt und wurde an dieser Stelle schon einmal geschrieben, gilt weit über die Stadt- und Bezirksgrenze hinaus als Gemüselieferant per Einmachglas oder Dose und über hiesige Erdäpfeläcker und das "Hofanföd" nebenan eindeutig auch als Biokistl der Region. Anderweitige Assoziationen mit dem 4000-Seelen-Städtchen (die Römer, die Bajuwaren, eine Erwähnung im Nibelungenlied des Bischofs Pilgrim von Passau, okay) sind selten, popkulturelle Ankerpunkte (du liebe Güte!) eher gar nicht vorhanden. Im Generellen war Pop früher etwas, das in den Großstädten produziert und am Land höchstens gehört wurde - sofern man den "Tschinbumm" nicht entweder ignoriert oder verunglimpft hat, weil er in den Discos sehr sexuell war oder die Dorfbuben satanistisch in Richtung Kirchenanzünderei motivierte.

Heute ist das alles natürlich ganz anders. Und Eferding hat seit 2013 eine Band, die plötzlich auch international auf sich aufmerksam macht - nur auf Eferding vielleicht weniger. Leyya um die bandeigenen Produzentenhälften Marco Kleebauer (auch: Gitarre, Synthesizer) und Sophie Lindinger (auch: Gesang, Synthesizer) sind längst in die Bundeshauptstadt gezogen, um die Welt von der Donaumetropole aus zu erobern, und stehen spätestens seit ihrem Debütalbum "Spanish Disco" von 2015 lieber für einen Zugang ohne Lokalkolorit. Leyya liefern elektronisch gefärbten Songwriter-Pop, der so oder so ähnlich an jedem Ort in Europa entstehen könnte, und den man so oder so ähnlich auch schon das eine oder andere Mal gehört hat. Inklusive auf Hochglanz polierter Musikvideos und der für junge Fachkräfte von heute unumgänglichen professionellen Vermarktung ist die Strategie bisher insofern aufgegangen, als die Band nicht nur im Vorjahr den FM4 Award bei der Amadeus-Verleihung erhalten hat und auf einschlägigen Showcase-Festivals in Island, den Niederlanden und Deutschland aufgetreten ist. Auch auf ein Gastspiel auf dem als europäischer Festivalhotspot renommierten Primavera Sound in Barcelona kann das Duo mittlerweile verweisen.

Warum die Band ihr nächste Woche erscheinendes Album, das sie diesen Samstag (20. Jänner) am FM4-Geburtstagsfest in der Ottakringer Brauerei live - und im Konzert auf eine Viererbesetzung aufgestockt - vorstellen wird, nun ausgerechnet "Sauna" (Las Vegas Records/Universal) betitelt hat, ist nicht vollkommen schlüssig erklärt, jedenfalls hat es anscheinend etwas mit Diversität zu tun. Und mit dem partiell tropisch angehauchten Soundsetting um Songs wie das Titelstück oder "Heat" - und mitunter auch inhaltlich - geht es dann tatsächlich heiß her. "Let’s be one of those who set the sails / Take a risk even though we could fail / But I am willing to set fire / Just to get what I desire."

Schlanker Groove

Nicht umsonst hat die Band in der auch bei wenig Nachdruck oder an der Behäbigkeitsgrenze zum Wegdämmern ausdrucksstarken Stimme von Sophie Lindinger, die sich gerne auch auf ein Seufzen und Hauchen beschränkt, ein tolles Hauptcharakteristikum, ja, ihr Kapital gefunden. Das passt zum Thema Sehnsucht ebenso, wie es der titelgebenden Schwitzhütte zumindest einen Anstrich emotionaler Nacktheit verleiht. Eingängig, ohne aufdringlich zu sein, zart und feingliedrig entfalten sich dazu die knappen Dreiminüter, die zwar von in der Anschaffung nie zu teuren Keyboards bestimmt sind, aber auch von organischen Elementen abgerundet werden. Neben (echtem) Schlagzeug, Bass und Gitarren und dem rudimentären Einsatz einer Sitar sind es heute vor allem Percussions und Bläser, die das schlanke Groovegerüst unterstützen. Das klingt slick und ebenso zeitgeistig-modern wie Marco Kleebauers weitere Projekte wie etwa Ant Antic - und es steht dem vermuteten Arbeitsmotto der Band (nicht zu schnell, nicht zu laut) gut zu Gesicht.

Nach nur 35 Minuten könnte man zwar die mangelnde Unterscheidbarkeit der Songs und eine gewisse Gleichförmigkeit diskutieren. Wahrscheinlich aber nennt man das heute homogen im Sinne des Sounddesigns.

(Wiener Zeitung, 18.1.2018)

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