Joan
As Police Woman widmet sich mit ihrem Album "Damned Devotion"
amourösen Zweischneidigkeiten.
Nicht zuletzt der Widmungsteil des Album-Booklets
wartet mit einem wunderbaren Leonard-Cohen-Moment auf. Joan As Police Woman
beschließt hier eine schonungslos offene Kulturgeschichte ihrer eigenen
Liebesvergangenheit mit einer lakonischen Pointe: "To all the folks who
expanded and thrilled and filled my heart, and to all the people who broke my
heart, I thank you equally."
Immerhin trägt das dazugehörige neue und insgesamt
sechste Soloalbum der am 26. Juli des Jahres 1970 als Joan Wasser geborenen
US-Musikerin den Titel "Damned Devotion" (PIAS), der - gemeinsam mit
in eine ähnliche Kerbe schlagenden Songs wie "Warning Bell" oder
"Silly Me" - bereits nahelegt, dass Hingabe nicht nur immer auch mit
gesteigertem Risiko verbunden ist und Liebe ja manchmal tatsächlich kälter sein
mag als der Tod. Allerdings wollen wir das gar nicht anders. Wahrscheinlich
merkt man so am ehesten in einem vom (schn)öden Alltag zugepflasterten Leben,
was Menschsein bedeutet - oder zumindest, wie es sich anfühlt.
Für
das Falsche
Amouröse Zweischneidigkeiten, Abhängigkeit, das Wissen
darum, sich verletzlich und angreifbar zu machen, davon handelt das nicht ganz
nachvollziehbar mit Frau Wasser im gestrengen Lack-und-Leder-Look illustrierte
Machwerk. Immerhin tritt die Sängerin, Multiinstrumentalistin und Songschreiberin selbst in den Texten nicht vorrangig
als dominanter (Beziehungs-)Part auf. Gerne haben Liebe und Sex hier mit der
bewussten Entscheidung für das Falsche zu tun. "I have loved deceivers. I
tend to trust the villain. I am fine with learning it", so heißt es etwa
im bereits erwähnten, auch aus außermusikalischen Gründen mit Stoßseufzern
versehenen "Warning Bell". Dass das nicht im Widerspruch zu einem
selbstbewusst-selbstbestimmten weiblichen Lebensentwurf steht, deklariert im
Albumverlauf aber etwa auch ein skandierter Chor, den Wasser als Field
Recording vom Women’s March in Washington mitgebracht hat.
Insgesamt markiert das Album einen doppelten Kontrast
zum Vorgänger "The Classic" von 2014, dem die umtriebige Musikerin
zwei Jahre darauf das mit dem nun auch für drei Stücke auf "Damned
Devotion" wieder vertretenen Okkervil-River-Mann Benjamin Lazar Davis
eingespielte Gemeinschaftsalbum "Let It Be You" folgen ließ: Hörte
man vor vier Jahren eine lebensbejahende Hinwendung zu expliziter denn je in ihrem
Schaffen ausgefallenen, musikalisch beschwingten Soulelementen, kommen die
neuen Songs nun bevorzugt verschleppt und erschöpft daher.
Noktambule
Klangteppiche, Sperrstundenmusik, Saxofone, die den Blues haben, ohne den Blues
zu haben, oder zwischendurch auch ins Filmische kippende Soundatmosphären
("The Silence") runden das Setting ab. Dass zur vollen Entwicklung
der Wirkung auch reduzierte Arrangements reichen und Wasser keinen Song
nachdrücklich zersingen muss, weil auch ein Wispern und Hauchen genügt, ist übrigens
ganz der Stichhaltigkeit ihres Songwritings geschuldet, das auch in sperrigeren
oder emotional besonders schwierigen Momenten wie locker aus dem Ärmel
geschüttelt wirkt. Mit "What Was It Like" hat Joan As Police Woman
diesmal auch eine berührende Hommage an ihren verstorbenen Vater dabei.
Der Kern des Albums aber bleibt sinnlich. Hingabe als
Weg und Versuchung.
Live
in Wien am 31. März in der Ottakringer Brauerei.
(Wiener Zeitung, 9.2.2018)
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