Donnerstag, Oktober 06, 2011

Errettung auf Pause

Bob Geldof feierte seinen 60. Geburtstag mit einem Konzert im Wiener Burgtheater.

„Ein Konzert von zwei Stunden – und dann kennt man nur einen Song“: Nach „ I Don’t Like Mondays“ gegen Ende seines Auftritts im Burgtheater gab sich Bob Geldof zwar bewusst selbstironisch. Allerdings brachte der Sänger, der an diesem Mittwochabend seinen 60. Geburtstag feierte, damit auch eine Tatsache auf den Punkt. In der Öffentlichkeit auffällig wird der Mann schon lange nicht mehr als Musiker, sondern nahezu ausschließlich mit seinem Engagement für die Errettung der Welt.

Immerhin organisierte Geldof nach einem diesbezüglichen Erweckungsereignis in den 80er-Jahren die Projekte Band Aid und Live Aid gegen die Hungersnot in Äthiopien. Er engagierte sich für den Schuldenerlass der Dritten Welt und gastierte bei einschlägigen Clubbings zwischen UN-Vollversammlung und IWF-Gipfel. Seither also leidet Bob Geldof im Dienst der guten Sache und stellvertretend für das Bemühen in uns als zweites bestätigtes Rock-’n’-Roll-Opfer am Morbus Bono: „Lasst euch nicht erzählen, dass das, was wir hier machen, keinen Sinn hat!“

Musikalisch kehrte Geldof nach einer zehnjährigen Veröffentlichungspause erst heuer mit dem Album „How To Compose Popular Songs That Will Sell“ zurück, dessen Titel bereits eine gewisse Ratlosigkeit vorwegnahm. Was soll und will man machen? Es lag an seiner sechsköpfigen Band, die zumindest zur Hälfte so aussah, als hätte man sie gegen die Zeche aus dem nächstgelegenen Irish Pub engagiert, das Ausgangsmaterial live zwingender zu gestalten. 

Spaß an der Freud'

Tatsächlich entfaltete das Konzert einen Charme, der auf die Destillierung Geldofs selten zwingenden Outputs auf sein fruchtbares Substrat und viel Spaß an der Freud’ zurückging. Über weite Strecken dominierte der von irischem Folk getragene Sound des Albums „The Vegetarians Of Love“ – Flöten pfiffen gar liebliche Melodeien, die man der Neigungsgruppe Tullamore Dew nicht wirklich zugetraut hätte, rustikaler ging es an der Bratlgeige und am Akkordeon zu.

Dabei setzte es zahlreiche Songs aus dem programmatisch betitelten Album „Sex, Age & Death“, mit dem Geldof 2001 eine veritable Lebenskrise verhandelte. Aus dem neuen Werk hörte man mit „Dazzled By You“ einen Rausschmeißer für die Sperrstunde, oder das bluesige, auf „Summer In The City“ von The Lovin’ Spoonful basierende „How I Roll“.

Geldofs Stimme mag sich im Boomtown-Rats-Gedächtnisblock bisweilen selbst als hilfsbedürftig erwiesen haben, zwischendurch erinnerte sie aber auch an den Sprechgesang eines Bob Dylan, wenn dieser den BFI-Kurs „Saubere Aussprache für Anfänger“ belegt hätte.

Bis auf einen Exkurs nach Nordirland war Politik an diesem Abend kein Thema. Burgdirektor Matthias Hartmann gratulierte, Schmäh, zum Vierziger, die Band gab ein Ständchen – und dann reichte es. Beim nächsten Mal wird wieder die Welt gerettet. 

(Wiener Zeitung, 7.10.2011)

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