Die Red Hot
Chili Peppers begeisterten ihr Publikum in der Wiener Stadthalle: Im
Konzert lieferten die Kalifornier eine sportliche Performance
Man mag den Red
Hot Chili Peppers vorwerfen können, dass sie für einen mitunter recht
bodenständigen Happy-Sound stehen, über dem Anthony Kiedis´ sinnbefreiter Sprechgesang nicht
immer glänzte. Eines gilt gemeinhin aber doch als in Stein gemeißelt: Diese
Band weiß, wie sie ihr Publikum live bei Laune hält.
Am
Mittwoch riss es die Besucher in der restlos ausverkauften Wiener Stadthalle
erstmals bei Song Nummer zwei aus den Sesseln: „Dani California“, ein Hit aus
„Stadium Arcadium“ von 2006, stand auf dem Programm. Das live um zwei
Mitmusiker an Keyboards und Percussions verstärkte Quartett um Sänger Anthony
Kiedis und Bassist Michael Balzary alias Flea, zwei bald mit nacktem Oberkörper
den Iggy Pop machende End-Vierziger, auf deren Alter nur ihre dann doch vom Leben
gezeichneten Gesichter schließen ließen, Chad Smith am Schlagzeug und das neu
hinzugestoßene Nesthäkchen Josh Klinghoffer (32!) an der Gitarre, war zu diesem
Zeitpunkt schon auf Betriebstemperatur.
Fit mach mit!
Wie
Kiedis und vor allem Smith mit seinem burschikos rückwärts getragenen
Baseballcap dabei untermauerten, sind die Red Hot Chili Peppers als maskulines
Funk-Rock-Adäquat zu Madonna längst im Stadion des Ignorierens angelangt, was den
Lauf der Zeit und das Altern betrifft – ihre Konzerte werden nachhaltig davon
begünstigt, dass die Band sich selbst bevorzugt als für immer jung und das
Leben als ewige College-Party unter der kalifornischen Sonne begreift. Die als
mindestens sportlich angelegte Bühnenperformance ließ doch erhebliche Zweifel
aufkommen, dass es bei den längst als drogenfrei geltenden Chili Peppers ganz
ohne Doping zugeht. Ein diesbezüglicher Höhepunkt war erreicht, als
Hochleistungsbassist Flea nach gut einhundert wahlweise sprintend oder
springend verbrachten Konzertminuten im Handstand über die Bühne spazierte:
„Fit mach mit!“, jetzt auch mit deinen Rock-’n’-Roll-Stars.
Musikalisch
wurde eher nebenbei erklärt, dass die 1983 in Los Angeles gegründete Band
eigentlich gekommen war, um mit „I’m With You“ ihr neues und insgesamt zehntes
Studioalbum live vorzustellen. Dieses war nach dem endgültigen Ausstieg ihres
stilprägenden Gitarristen John Frusciante, den Klinghoffer live ersetzte, ohne
aber für eigene Akzente zu sorgen, eher kritisch rezipiert worden. Nach dem
sanft in Richtung Disco schielenden „Monarchy Of Roses“ zu Beginn sollte „Meet
Me At The Corner“ im Konzert ansatzweise beweisen, dass Flea sich zuletzt mit
einem Jazz-Studium fortbildete, während das mit The-Cure-Zitaten versehene
„Look Around“ von einem schönen Dub-Teil abgebremst und „The Adventures Of Rain
Dance Maggie“ als Hitsingle von Ö3 bestens angenommen wurde.
Kritische
Randnotiz
Am
Tag der Bekanntgabe ihrer Aufnahme in die Rock-’n’-Roll-Hall-of-Fame lag es
dennoch an den gut abgehangenen Hits, die Halle zum Beben zu bringen: „Under
The Bridge“, die alte Drogengeschichte, die für das denkbar
kalifornischste Drama in der Autobiographie
der Band sorgte, die als Funk-Rock-Prototyp gehaltene Befreiungshymne „Give It
Away“, das polternde „By The Way“ sowie alle Songs, die aus dem
„Californication“-Album (1999) gegeben wurden, ließen im Publikum kaum Wünsche
offen. Dazwischen galt es aber auch, eine etwas sehr plumpe Coverversion von
Stevie Wonders „Higher Ground“ oder die eine oder andere Jam-Session zu
überstehen. Anthony Kiedis, der seinen Schnauzbart vorsichtig in Richtung
Walross deutete, las die Songtexte vom Teleprompter ab und erwies sich für eine
kleine Einlage als durchaus veritabler Beatboxer.
Zu „Californication“
formierten sich Tabletten und medizinische Kapseln auf der Videowall, die die
chemische Vergangenheit der Band zu thematisieren schienen. Die Auflösung
folgte später in Gestalt der Medikamentenpackung: „Serenity“, „Beauty“ und
„Happiness“ stand darauf geschrieben – eine kritische Randnotiz also, die im
juvenilen Schein dieses Abends aber in Schall und Rauch aufging.
(Wiener Zeitung, 9.12.2011)

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