Freitag, Dezember 16, 2011

Stretchlimos gegen „Problemmilieus“

Zum Auftakt seiner ORF-Show "Blockstars" ging Sido auf Hausbesuch.

„Drogen, Gewalt, keine Perspektive: Dem will einer ein Ende setzen“ – zum Auftakt der ORF-Sendung „Blockstars“ deutete Sido das Helfersyndrom in Richtung Errettungspsychose. „Irgendjemand muss dir helfen. Und ich glaube, wenn ich das nicht bin, wer wird dir helfen??“

Im Gegensatz zu gängigen Auswahlverfahren suchte der heute als „erfolgreicher Geschäftsmann und Entertainer“ gefeierte einstige „Skandalrapper“ für den sechswöchigen Aufenthalt in der Hip-Hop-WG, die eine Band und möglichst mehr als ein gemeinsames Album zeitigen soll, nicht nach Kandidaten mit dem meisten Erfolg in der kürzesten Vita. Sido hielt Ausschau nach jungen Menschen, denen inmitten der „Problemmilieus“  zwischen Wien Favoriten und Linz, der „Hochburg der Hip-Hop-Musik“, jedwede Aussicht fehlt.

Bei seinen Hausbesuchen parlierte Sido durchaus charmant mit den Kandidaten, während die mit Schwarzweißbildern und auf Drama gestimmter Musikuntermalung inszenierte Lebensgeschichte – Heim, Gewalt, Drogen – einen auf RTL II machte.

Obwohl Hannes Eder sich bei Sidos zwecks eines möglichen Plattenvertrages absolviertem Vorstellungstermin im Hause Universal versichern wollte, dass die Unternehmung nicht zynisch wird (Sido: „Niemand wird lächerlich gemacht“), musste für die Show eines ausgespart werden: In Österreich lebt kaum jemand von Hip-Hop. Dass die Teilnehmer mit der Stretchlimo aus den „Problemmilieus“  abgeholt wurden, war demnach nicht nur zynisch, sondern vor allem dumm.

(Wiener Zeitung, 17./18.12.2011)

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