"Wut und Disziplin": Das Trojanische Pferd legt es auch auf
seinem demnächst erscheinenden zweiten Album sprachlich und musikalisch höchst
abwechslungsreich an.
Ein
Titel muss als besonders programmatisch bezeichnet werden: Mit „Mischkulanz“
erklärt Das Trojanische Pferd auf seinem zweiten Album „Wut und Disziplin“,
dass es bevorzugt auf mehreren Hochzeiten tanzt. Wir haben es mit einer Band zu
tun, die ihren stilistischen Horizont über das Genre „Chanson-Punk“ schon zu
Gründerzeiten recht weitläufig definierte.
Leiser Lo-Fi-Abschied
Das 2007 formierte und live wie im Studio bald um zahlreiche Mitmusiker erweiterte Duo pendelte auf seinem selbstbetitelten Erstling vor drei Jahren recht ungeniert zwischen einem im Wohnzimmer in bester Do-it-yourself-Manier eingespielten Krawallrock, der ebenso in Richtung Jazz und Chanson schielen konnte, wie er mit Folkbreitseiten auch seinen Singer-Songwriter-Charakter mit Nachdruck betonte. Das Ineinandergreifen der Einflüsse und Hubert Weinheimers zwischen Schabernack und Ernst gehaltene Texte bestachen dabei mit einem Hang zur neuen Selbstständigkeit, sprich einer durchaus spezifischen Formensprache, wobei sich die Band in keinerlei Hinsicht um die Rezeption all dessen zu kümmern schien – mit großem Spaß an der Freud' wurde hier ein ganz eigenes Süppchen gekocht. Schlachtruf: „Aber ich hasse euch – ich singe nicht für jeden. Es geht um Wahrhaftigkeit!“
Leiser Lo-Fi-Abschied
Das 2007 formierte und live wie im Studio bald um zahlreiche Mitmusiker erweiterte Duo pendelte auf seinem selbstbetitelten Erstling vor drei Jahren recht ungeniert zwischen einem im Wohnzimmer in bester Do-it-yourself-Manier eingespielten Krawallrock, der ebenso in Richtung Jazz und Chanson schielen konnte, wie er mit Folkbreitseiten auch seinen Singer-Songwriter-Charakter mit Nachdruck betonte. Das Ineinandergreifen der Einflüsse und Hubert Weinheimers zwischen Schabernack und Ernst gehaltene Texte bestachen dabei mit einem Hang zur neuen Selbstständigkeit, sprich einer durchaus spezifischen Formensprache, wobei sich die Band in keinerlei Hinsicht um die Rezeption all dessen zu kümmern schien – mit großem Spaß an der Freud' wurde hier ein ganz eigenes Süppchen gekocht. Schlachtruf: „Aber ich hasse euch – ich singe nicht für jeden. Es geht um Wahrhaftigkeit!“
Folgerichtig
hat die Band ihre neue Heimat bei Problembär Records gefunden, jenem Label also,
das wie kein zweites in Österreich auf gehobenes Dahinwursteln setzt und vor
allem geniale Dilettanten unter Vertrag nimmt – man denke etwa an den Nino aus
Wien. Nachdem Das Trojanische Pferd mit „Wien brennt“ das FM4-Publikum für sich
gewinnen und mit einem Auftritt im besetzten Audimax der Hauptuni Wien seinen immanenten
Protestgestus unter Beweis stellen konnte, folgte mit „Hybrid“ noch eine
Remix-EP, ehe es um die Band ruhiger wurde. Persönliche Krisen und interne
Spannungen ließen ein zweites Album zwischenzeitlich überhaupt unrealistisch
erscheinen. Eine einwöchige Session in der Cselley-Mühle in Oslip, die das
Fundament für „Wut und Disziplin“ legte, ließ dann aber doch alles gut werden.
Zusätzliche Aufnahmen mit Walther Soyka in dessen Non Food Factory, im Alberner
Hafen bei Patrick Sischka oder im Stephansdom – für die Orgel von „Nicht wichtig“ – erklären
zudem bereits, dass die Lo-Fi-Ansätze diesmal einem etwas ambitionierteren
Sound weichen mussten.
Die
erneute Stilvielfalt sorgt dann aber ebenso wie der eine oder andere Bruch
innerhalb eines Liedes dafür, dass die Sache niemals zu rund wird. Während auf
Englisch, Französisch, Hochdeutsch und im Dialektgemisch aus
Heurigen-Wienerisch und Mostschädlgeraunze gesungen wird, geht es musikalisch
von Barhockerjazz („Zwischen Tür und Angel“) über zornige Brett-Gitarren
(„Taubenschacht“) hin zu den von Hans Wagner gerne auch klassisch gehaltenen
Streicherarrangements mit Cembalobegleitung („Nörgler, Krittler, feiger Hund“).
Kirchenorgel und
Chorgesänge
Dass
Weinheimer am Satzende stimmlich bevorzugt nach oben zieht, verbindet ihn
ebenso mit Labelkollegen Nino wie die zahlreichen Zitatangebote seiner Texte,
die doch nicht immer konkret werden müssen. Thematisch kann neben dem
Krisenkino von „Die ganze Welt“ vor allem Zwischenmenschliches ausgemacht
werden, während „Magenbitter“ als Abgesang auf den Austropop gehört werden
will.
Drei
große Momente aber gibt es tatsächlich: Mit „Hardcore“, das sich nur das Beserlschlagzeug
von Pulps ähnlich lautender Hommage an den kleinen Tod beibehielt, beweist die
Band jede Menge Songwritingtalent und Stilsicherheit, was die Arrangements
betrifft, während „Hartes Brot“ mit aufröhrenden Bottleneck-Blues-Gitarren
gleichermaßen innig wie druckvoll ausfällt.
Sein Meisterstück liefert Das Trojanische Pferd allerdings mit „Nicht wichtig“, einer Hymne, die die erhabene Mischung aus Kirchenorgel und Chorgesängen am Ende mit einem schleppenden Beat untermauert. Hier ist tatsächlich alles perfekt – auch wenn der Text das grundsätzliche Arbeitsmotto der Band etwas anders umschreibt: „Nicht so wichtig, ob es stimmt / So lang es hin und wieder schwingt.“
Sein Meisterstück liefert Das Trojanische Pferd allerdings mit „Nicht wichtig“, einer Hymne, die die erhabene Mischung aus Kirchenorgel und Chorgesängen am Ende mit einem schleppenden Beat untermauert. Hier ist tatsächlich alles perfekt – auch wenn der Text das grundsätzliche Arbeitsmotto der Band etwas anders umschreibt: „Nicht so wichtig, ob es stimmt / So lang es hin und wieder schwingt.“
"Wut und Disziplin" von Das Trojanishce Pferd erscheint am 24. Februar auf Problembär Records.
(Wiener Zeitung, 11./12.2.2012)

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