Die französischen Soundtüftler von Air besinnen sich auf ihre Ursprünge im
All - mit
„Le Voyage dans la lune“ geht es zurück auf den Mond.
Die Sehnsucht nach dem All, dem Mond und den
Sternen mag so alt sein wie die Menschheit – einen tatsächlichen Boom erlebte
der Kosmos als Projektionsfläche und Nutzraum bekanntlich aber vor allem im 20.
Jahrhundert, als nicht nur der Kalte Krieg für ein Wettrüsten um die Vormachtstellung
in Outer Space sorgte. Gerade auch die Science-Fiction-Literatur führte bald dazu,
dass der Mann im Mond von einer stetig wachsenden Gemeinde an Nachtpflanzen angeheult
wurde. Die diesbezüglichen Höhepunkte waren erreicht, als Stanley Kubrick mit seinem
auf Arthur C. Clarkes Kurzgeschichte „The Sentinel“ basierenden Opus magnum „2001:
A Space Odyssey“ Mensch und Maschine zum Endkampf im Äther lud und nur ein
knappes Jahr später die ersten Astronauten am Mond landen sollten. Zeitgleich
war mit David Bowies Durchbruchs-Hit „Space Oddity“ und dessen Geschichte vom
verlorenen Major Tom ein weiterer großer Schritt für die Menschheit getan.
Wie Georges Méliès' Stummfilmklassiker „Le Voyage dans la lune“ aus dem Jahr 1902 beweist, war
die Filmkunst bereits in ihrem Frühstadium nicht nur darum bemüht, in den
Bahnhof einfahrende Züge, die Fabrik verlassende Arbeiter oder lustige Kleinkinder
naturalistisch abzubilden. Schließlich erzählte der Visionär Méliès die fantastische
Heldengeschichte eines Mondabenteuers auch mit Spezialeffekten, die, so
archaisch sie heute auch anmuten mögen, den Roland Emmerich ihrer Zeit gaben. Thematisch
ging es bald darum, vor einem mit mannshohen Pilzen bei „Alice im Wunderland“
angelehnten Setting feindliche Außerirdische aus der Defensive heraus zu
bekämpfen, um nach dem Rückzug in Richtung Erde daheim von den Frauen gefeiert
zu werden. Es war sehr schön am Mond, aber im nächsten Jahr muss ein Ausflug
ans Meer wieder reichen!
Dass für die Erstellung eines Soundtracks zur restaurierten
Farbversion dieses ersten Science-Fiction-Films 110 Jahre später die
französischen Klangtüftler Air verpflichtet wurden, trifft sich insofern gut,
als das Duo bereits auf seinem Debütalbum im Jahr 1998 zur „Moon Safari“
aufbrach, im Rahmen derer es bis heute immer wieder auch filmische Musiken einspielte.
Allerdings muss man bei Air auch an jene Thermenbeschallungs- und
Softpornosounds denken, mit denen sich die Band mitunter in L’art-pour-l’art-Gefilden
bewegt.
Vergangenheit als Zukunft
Womöglich lag es nun an der kurzen Zeit von nur einem Monat, die Nicolas Godin und Jean-Benoît Dunckel für das Schreiben und Aufnehmen (!) dieses Soundtracks zur Verfügung stand, dass die Ergebnisse so zwingend klingen wie lange nicht. Dabei verortet das überwiegend instrumental gehaltene und mit einer Spielzeit von einer halben Stunde sehr kurze Album die Zukunft wieder einmal in der Vergangenheit: Verankert in organischen 60er-Jahre-Sounds, darf es, dem englischen Titel „A Trip To The Moon“ entsprechend, auf Space-Jam-Basis gerne auch psychedelisch zugehen. Dazu bestimmen Pauken das Klangbild, die mit Richard Strauss' sinfonischer Dichtung „Also sprach Zarathustra“ schon bei Stanley Kubrick ein Hit waren.
Vergangenheit als Zukunft
Womöglich lag es nun an der kurzen Zeit von nur einem Monat, die Nicolas Godin und Jean-Benoît Dunckel für das Schreiben und Aufnehmen (!) dieses Soundtracks zur Verfügung stand, dass die Ergebnisse so zwingend klingen wie lange nicht. Dabei verortet das überwiegend instrumental gehaltene und mit einer Spielzeit von einer halben Stunde sehr kurze Album die Zukunft wieder einmal in der Vergangenheit: Verankert in organischen 60er-Jahre-Sounds, darf es, dem englischen Titel „A Trip To The Moon“ entsprechend, auf Space-Jam-Basis gerne auch psychedelisch zugehen. Dazu bestimmen Pauken das Klangbild, die mit Richard Strauss' sinfonischer Dichtung „Also sprach Zarathustra“ schon bei Stanley Kubrick ein Hit waren.
Der
Countdown wird abgezählt. Orchestrale James-Bond-Bläser gesellen sich zu an Sowjetfunktionäre
erinnernden Monumental-Vocodern. Klavierakkorde erklingen zu den lethargischen
Gesängen von Beach-House-Frau Victoria Legrand oder den Damen von Au Revoir
Simone. Ein zwischen Krautrock und Joy Division gehaltener Beat entführt die Pofler
zum Chillen ins All. Dazu kommen Retrobässe aus der Chanson-Ära, Jazzbrunch-Flöten
und die gewohnte Mischung aus wabernden Moogs, wärmendem Rhodes und wohligen
Heimorgelklängen.
Nach dem Kristallklirren des Orbits schmeicheln
sich zu Hause die Vöglein ins Ohr. Mission accomplished, Weltraum gestürmt. Und
auch das ist als Kaufargument für diesen Space-Trip zu sehen: Air singen
diesmal nicht selbst.
Air: Le Voyage dans la lune (EMI)
(Wiener Zeitung, 11./12.2.2012)

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