Donnerstag, März 01, 2012

Verträumt - nicht nur im Schlafzimmer

 "Into The Waves", das Debütalbum von Sophia Knapp

Den Umstand, dass ihr Songwriting mitunter auch an jenes von Abba (!) erinnert, versteckte Sophia Knapp mit ihrer Band Cliffie Swan zuletzt noch notdürftig hinter einer wie auch immer gearteten Indie-Attitüde. Damit ist nun weitgehend Schluss, wie bereits auch der Waschzettel zu ihrem nun vorliegenden Solodebüt „Into The Waves“ (Drag City) nahelegt – wird dabei als Referenz doch Stevie Nicks angeführt, die einst Fleetwood Mac ihre Stimme lieh.

Wer jetzt Angst hat, sollte von den 36 Spielminuten im Wesentlichen bestätigt werden. Allerdings verhält es sich trotz zwischenzeitlicher Schwedenpop-Referenzen, wie etwa bei dem die Dancing Queen gebenden „Close To Me“, freilich immer eine Spur eklektischer und postmoderner, als man es solchermaßen vermuten würde. Darauf lässt wiederum schließen, dass mit dem großen Bill Callahan auch nicht niemand als Gastsänger gewonnen wurde – nur Spötter würden behaupten, dass dieser als Knapps vermuteter Boyfriend vor Liebe aktuell blind (oder gar taub) sein könnte.

60er-Jahre-Sound

Mit einer erstaunlich homogenen Produktion, die historischen Vorbildern aus den 60er-Jahren zum Verwechseln ähnlich klingt, widmet sich „Into The Waves“ bevorzugt einem folk- und entfernt countrylastigen Radiopop, der sich auch um Elemente des 80er-Jahre-Mainstream bereichern darf (man höre das Titelstück). Das führt zu biederen Retro-Schlagern („Looking Into Another Day“) genauso wie zu einlullenden Kontemplationsmusiken („Evermore“), den Kitschsounds der Vorab-Single „Nothing To Lose“ oder dem hübschen und wesentlich zeitloseren „Spiderweb“, bei dem Callahan seinen Bariton gewohnt stoisch erklingen lässt.

Die beteiligungslose Singstimme Knapps unterstreicht den mystisch-verträumten Charakter des Albums und klingt, als hätte man hier die akustische Entsprechung zu Lana Del Reys Augenpartie aufgenommen: der Schlafzimmerblick, jetzt auch als Musik erhältlich.

Sophia Knapp: Into The Waves (Drag City)

(Wiener Zeitung, 1.3.2012)

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