S.C.U.M aus
London: Post-Punk und Mode bestimmen ihr Reich. Am
Montag gastiert die Band im Wiener B72
Egal, ob S.C.U.M nun passend zu ihrem Œuvre in konsequent schwarzer Robe oder dann doch ironisch gebrochen im Walkjanker oder retrogradistisch in der New-Romantics-Tracht von seinerzeit vor der Linse posieren: Konstant ist das Quintett, wenn es darum geht, mit distanziertem Blick eine gewisse Weltabgewandtheit zur Schau zu stellen.
Das
hat augenscheinlich und hörbar damit zu tun, dass die blutjunge, 2008 im hippen
Ostlondoner Stadtteil Shoreditch gegründete Band sich jener Fraktion zugehörig
fühlt, die noch vor Kurzem in der Schule nicht zwingend für ihren Frohsinn bekannt
war. Während verstohlen hinter der Sitzbank wieder einmal heimlich das Frühwerk
von Nick Cave mit seiner Birthday Party, im Weltschmerz verwandte Helden wie
Joy Division oder die in Sachen Gothic-Rock prototypischen Bauhaus nicht
grundlos gehört wurden – die Wirkung von sensiblem Leid an der Welt mit einem
Hauch von Misanthropie und leichter Selbstzerstörungstendenz auf Frauen war
schon immer ein Hit –, ging es vermutlich ganz grundsätzlich darum, sich den
vermuteten Mainstream weitestmöglich vom Leib zu halten. Wer hätte auch jemals vermuten
können, dass Heerscharen global ähnlich denkender Jungmänner mit einem in der
Heimgarage gestarteten Post-Punk-Revival Jahre später selbst für einen neuen
Uniformismus sorgen würden?
Todschick
gekleidet
S.C.U.M,
deren Bandname sich übrigens nicht vom englischen Wort für Abschaum ableitet,
sondern auf das bis heute kontrovers diskutierte feministische Manifest
gleichen Namens zurückgeht, unterscheiden sich jedenfalls insofern von den
Kollegen, als dass sie wie diese – frei nach Monty Python: wir sind alle
Individuen! – natürlich in keine je erfundene Genreschublade passen wollen. Die
trotzdem nach einer wilden Mischung der bereits erwähnten Fürsten der
Finsternis klingenden Ergebnisse, erweitert noch um den Sound von Ian
McCullochs Echo & The Bunnymen oder die Hallgitarren der Shoegazing-Bands, lassen
das Zielpublikum jedenfalls mit einem wohligen Gefühl des wunschlosen Unglücks
zurück.
Entsprechend
hält sich das mit Jim Sclavunos (Nick Cave, Grinderman) vorab entworfene und schließlich
von Ken und Jolyon Thomas (Sigur Ros) produzierte Debütalbum „Again Into Eyes“ mit
Hits nobel zurück. Zu den tanzbaren Grooves, brachialen Halleffekten, markanten
Bässen und auch vordergründig erklingenden Vintage-Synthesizern von Stücken wie
dem programmatischen Opener „Faith Unfolds“ gesellt sich düsterromantischer
Gothic-Pop („Cast Into Seasons“), während es nach atmosphärischen Klangstudien letztlich
doch noch in den Indie-Club geht.
Angeführt wird die
bisweilen todtraurige, vor allem aber stets todschick gekleidete Band übrigens
von Sänger Thomas Cohen – jenem mit Peaches Geldof verlobtem Fashion Victim,
das Papa Bob bald zum Opa gemacht haben wird.
Montag, 6. Februar, B72. Einlass: 20 Uhr
(Wiener Zeitung, 4./5.2.2012)

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