- Kinderfernsehen im ORF
Die
Frage beim Kinderfernsehen sollte nicht sein, ob es den Kleinen gefällt,
sondern vielmehr, was man den Eltern eigentlich noch alles zumuten kann. Montag,
7.25 Uhr, ORFeins: Die Woche beginnt bei „Freddy und die wilden Käfer“ mit
einer Gruppe als Bauern verkleideter Kinder und einem Balg im Schweinekostüm,
die gemeinsam tanzen und lustige Lieder singen: „Drum nenn das Schwein auch
niemals dumme Sau. Denn Schweine, die sind wirklich schlau!“ Das Diktat der
Fröhlichkeit kommt mit Abzählreimen und Weltumarmungsmelodien daher, die bei jenen
eines Jochen Distelmeyer nur haarscharf vorbeischrammen, um den erwachsenen
Menschen am grauen Morgen in graue, graue Wolken zu hüllen: tausend Tränen
tief.
Von
Horrorjobs karenzierte Eltern ohne den Wunsch, sofort in die Arbeitswelt zurückzukehren,
sind nicht vorstellbar. Spätestens, wenn nach einer knappen Erholungspause um 13.30
Uhr „Freddys Freunde“ am Programm steht und nun vier junge Singtänzer ihr
Tagwerk verrichten, neben dem eine Statistenrolle beim Stoakogler-Musical
„Steierermen san very good“ in Weiz unverschämt glamourös erscheint, ist
Schluss mit lustig. Bluebox-Aufnahmen vor quietschbuntem Hausgartendekor als
letzte Notizen auf der elterlichen Blackbox kurz vor dem Systemabsturz.
„Wir zwei geben
Vollgas. Wir zwei, wir haben immer Riesenspaß“ – Kinderfernsehen ist allumfassende
Harmonielehre. Man sollte aufhören, dem Nachwuchs etwas vorzuspielen: Die Welt
ist schlecht.
(Wiener Zeitung, 21.3.2012)

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