Donnerstag, April 26, 2012

Das Ende ist kein schlechter Ort

Jaz Coleman und die apokalyptischen Reiter von Killing Joke gastierten in Wien

Am Beginn des Orgien-Mysterien-Theaters standen die schamanischen Klänge aus Stanley Kubricks Film „Eyes Wide Shut“ und jener Maskenballszene, die Tom Cruise Zeuge einer Ausschweifung werden ließ: Passend zur enigmatischen Aura von Killing Joke, betrat Jaz Coleman die Bühne mit weißer Kampfbemalung, die ihm längst etwas Alice-Cooper-Haftes verleiht, um mit „Requiem“ als altem Schlenzer programmatisch zu beginnen.

Wie sich ein überwiegend in Lederjacken gekleidetes männliches Publikum in Begleitung nachtschwarzer, dem Leben abgewandter Gothic-Mädchen mit Hang zur Schminktechnik Colemans und jeder Menge Eisen im Gesicht in der Szene Wien überzeugen konnte, ist die Welt von Killing Joke finster und schlecht. Seit 1979 kultiviert die Band jenes Untergangsszenario, das sich dem aktuellen Album „MMXII“ zufolge nun endlich erfüllen könnte.

Untergangs-Freuden

Musikalisch höchst einflussreich, werden die letzten Dinge auf metalinfizierter Post-Punk-Basis und über Seitensprünge in Richtung Industrial, Elektropop und Gothic-Rock verhandelt.  Gut abgehangene Stücke wie „Sun Goes Down“, „Wardance“ oder „The Great Cull“ als Angebot zum heftigen Kopfnicken kündeten live davon, dass das Ende nicht zwingend auch schlecht sein muss.

Auch wenn sich Colemans nur mehr aus dem Hintergrund kommende Stimme nach einer Karriere weit über der Belastungsgrenze heute als Nachhall an uns wendet, bringen Killing Joke ihre Vision mit tribalistischem Schlagzeug, in der Magengrube fühlbarem Bass und Gitarren, die sägen und schleifen, nach wie vor überzeugend auf die Bühne. Auch ohne „Love Like Blood“ galt am Ende: Krachen gehen macht höllisch Spaß!      

(Wiener Zeitung, 27.4.2012)

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