Am Beginn des
Orgien-Mysterien-Theaters standen
die schamanischen Klänge aus Stanley Kubricks Film „Eyes Wide Shut“ und jener
Maskenballszene, die Tom Cruise
Zeuge einer Ausschweifung werden ließ: Passend zur enigmatischen Aura von
Killing Joke, betrat Jaz Coleman die Bühne mit weißer Kampfbemalung, die ihm
längst etwas Alice-Cooper-Haftes verleiht, um mit „Requiem“ als altem Schlenzer
programmatisch zu beginnen.
Wie
sich ein überwiegend in Lederjacken gekleidetes männliches Publikum in
Begleitung nachtschwarzer, dem Leben abgewandter Gothic-Mädchen mit Hang zur
Schminktechnik Colemans und jeder Menge Eisen im Gesicht in der Szene Wien
überzeugen konnte, ist die Welt von Killing Joke finster und schlecht. Seit
1979 kultiviert die Band jenes Untergangsszenario, das sich dem aktuellen Album
„MMXII“ zufolge nun endlich erfüllen könnte.
Untergangs-Freuden
Musikalisch
höchst einflussreich, werden die letzten Dinge auf metalinfizierter
Post-Punk-Basis und über Seitensprünge in Richtung Industrial, Elektropop und
Gothic-Rock verhandelt. Gut abgehangene
Stücke wie „Sun Goes Down“, „Wardance“ oder „The Great Cull“ als Angebot zum
heftigen Kopfnicken kündeten live davon, dass das Ende nicht zwingend auch schlecht
sein muss.
Auch wenn sich Colemans
nur mehr aus dem Hintergrund kommende Stimme nach einer Karriere weit über der
Belastungsgrenze heute als Nachhall an uns wendet, bringen Killing Joke ihre
Vision mit tribalistischem Schlagzeug, in der Magengrube fühlbarem Bass und
Gitarren, die sägen und schleifen, nach wie vor überzeugend auf die Bühne. Auch
ohne „Love Like Blood“ galt am Ende: Krachen gehen macht höllisch Spaß!
(Wiener Zeitung, 27.4.2012)

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