Freitag, April 20, 2012

Donaufestival: Das Programm

„In Zeiten globaler Finanzkrisen, schuldengeplagter Staaten, gesellschaftlicher Umbrüche und großer allgemeiner Unsicherheiten und Verunsicherungen wächst zunehmend die Sehnsucht nach künstlichen Paradiesen“ – sowohl als Geldgeber im Namen Niederösterreichs als auch als Kulturfreund weiß Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll zwar über die Chancen von Kunst angesichts schwerer Zeiten Bescheid. Wie das Donaufestival seit dem Vorjahr an sechs statt anfänglich dreizehn und später sieben Spieltagen pro Saison und heuer auch ohne große Namen oder über die Entschlackung des einstigen Festivalshuttles Wien-Krems-Wien zur Einbahnstraße heimwärts erklärt, scheint die Krise aber nicht nur inhaltlich in Krems angekommen zu sein. Einerseits.

Andererseits spielt die Veranstaltungsreihe nach wie vor nicht nur in einer eigenen Liga, wenn es um die Auslotung einer wie auch immer gearteten zeitgenössischen Avantgarde zwischen Pop, Performance und Kunst geht. Vor allem ermöglicht das Donaufestival ein künstlerisches Zueinanderfinden der Akteure und Genres, womit es sich vom koexistenziellen Gestus handelsüblicher Festivals wohltuend unterscheidet. Nachdem im Vorjahr der Netzwerkgedanke gepflegt wurde, kommt es auch heuer wieder zu „ungewöhnlichen Hochzeiten“.

Als Zugpferd für diese dient ein Kuratorenmodell, das etwa das US-amerikanische Geschwister-Duo CocoRosie als Artists in Residence nach Krems bringen wird. Dabei darf zwar auch an den gemeinsamen Art-Folk erinnert werden – im Zentrum stehen allerdings die erste Tanztheater-Produktion Bianca Casadys sowie eine angsteinflößend als „New-Age-Musical“ verkaufte Show ihrer Schwester Sierra. Während die Band für ein Zusammentreffen der US-Avantgarde-Pop-Ikone Laurie Anderson mit den ungleich dienstjüngeren 80er-Jahre-Wiedergängern von Light Asylum sorgt, tritt sie zum Abschluss des ersten Festivalwochenendes selbst im Verbund mit Ausnahmestimme Antony Hegarty oder dem indischen Folkkollektiv Rajasthan Roots auf. Der deutsche Aktionskünstler John Bock wiederum bringt für sein Projekt die Post-Punk-Veteranen And Also The Trees auf die Bühne und errichtet seine Installation in der Kunsthalle als Podium für eine „performative Intervention.“

Abgesehen von derlei Kooperationen darf es mit  Einzelkonzerten auch klassischer zugehen: Hercules and Love Affair bitten zum Tanz durch die Neo-Disco, Bohren & der Club of Gore führen hinab ins Kellergewölbe ihres Slow-Jazz und Pantha du Prince lädt ins naturalistische Idyll seiner Minimal-Techno-Kompositionen.

Zentrale Performances kommen von den alten Hausfreunden God’s Entertainment oder Dolce after Ghana, die mit einer Wrestlingshow über das Ende des Feminismus sinnieren. Das Verhältnis zwischen Film und Musik wiederum wird im Kino im Kesselhaus näher betrachtet – der für seine stilprägenden Videoarbeiten bekannte Regisseur Chris Cunningham hingegen stellt auch sein musikalisches Schaffen vor. 

Donaufestival Krems: 28. April bis 5. Mai. Details und Info: www.donaufestival.at

(Wiener Zeitung, 21./22.4.2012)

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