Mittwoch, April 18, 2012

Schicksalslieder als Hymnen eines netten Typen

Erste Vorstellungsrunde: Dan Mangan im Wiener Fluc

Nicht nur, dass sein Bassist aussieht wie Bonnie „Prince“ Billy, stellt Dan Mangan bereits ins Folkzausel- und Singer/Songwriter-Eck. Nach Anfängen als fahrender Troubadour mit Alt-Country-Bezug und Folkpop-Vorliebe, in denen sich der heute 28-Jährige auch als gefühliger Interpret jederzeit für die Herzschmerzpassagen in, sagen wir, Grey’s Anatomy geeigneten Liedguts erwies, machte sich der Kanadier zuletzt aber für den großen Bandsound auf. Sein drittes Album „Oh Fortune“ umrahmte einen verstärkt auf Atmosphäre bedachten Alternative Rock bisweilen quasi-symphonisch und kleidete durchaus schwere Themen (Tod, Trauma, Tod) in lebensbejahende Songs mit befreiender Wirkung.

Erbauungsgestus

Um seine Karriere zu starten, musste Mangan 2005 einen Kredit aufnehmen, heute geht sich auch eine internationale Tour mit seiner vierköpfigen Band aus. Diese betonte den Erbauungsgestus der Songs am Dienstag im Fluc über dichte Gruppengesänge, bisweilen mit dem Bogen gestrichene Gitarren und vor allem unter dem leidenschaftlichen Zutun eines auch in Mariachi-Gefilde vordringenden Trompeters noch stärker. Gleich anfangs wurde im Walzertakt und mit einer emphatischen Version von „Oh Fortune“ kein Zweifel daran gelassen, dass Mangans Hang zur Hymne live für Sturm und Drang sorgen würde – auch, wenn überaus bodenständige Songs wie „Road Regrets“ mit quengeligen Gitarren und einer den Vierviertelbeat gebenden Bassdrum beinahe aufdringlich um die Liebe des Publikums buhlten, fühlte man sich in den besten Momenten an Broken Social Scene in ihrer Hochphase erinnert.

Dazwischen trat Mangan etwa mit dem erhabenen „If I Am Dead“ auf die Bremse, formte die Konzertgänger zum Gemeinschaftschor und lud zum Plausch am Merch-Stand mit ihm selbst als nettem Typen. Was soll man sagen? Guter Mann! 

(Wiener Zeitung, 19.4.2012)

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