Samstag, Mai 05, 2012

Adam Yauch 1964-2012

„MCA“: Die Beastie Boys betrauern den Tod eines Gründungsmitgliedes

- Als MC, Bassist und Regisseur der Band erfuhr Yauch Weltruhm

Das meistverkaufte Hip-Hop-Album der 1980er-Jahre geht nicht auf das Konto schwarzer Genrepioniere, sondern auf jenes dreier weißer Mittelstandskids, deren musikalische Ursprünge anderswo lagen: Die Beastie Boys, 1979 in Brooklyn gegründet, arbeiteten sich zunächst am Hardcore-Punk ab – der erste Auftritt ging am 17. Geburtstag ihres Gründungsmitglieds Adam Yauch noch in voller Bandbesetzung über die Bühne.

Erst eine Neuerfindung als Trio und erste Experimente mit Hip-Hop-Beats aber stellten die Weichen für eine der größten Erfolgsgeschichten des Rap. Unter anfänglicher Mithilfe des Produzenten Rick Rubin und seines Labels Def Jam Recordings erreichte bereits das Debütalbum „Licensed To Ill“ 1986 die Spitze der US-Albumcharts. Adam „MCA“ Yauch, Adam „Ad-Rock“ Horovitz und Michael „Mike D“ Diamond  knallten mit einem Protosound durch die Decke, der hysterischen, mit Hall belegten Rap auf Basis markanter Beats aus der Roland-TR-808-Drummachine mit eifrigem Scratching und erheblichen Punk-Einflüssen kombinierte. Aufbruchsstimmung, Übermut, ein Hang zum ironischen Bruch und das gekonnte Spiel mit Popkultur als System der Referenzen ließen die Musik des Trios nicht nur auf College-Feiern rotieren. Allerdings: Entgegen der Annahme vieler war mit „(You Gotta) Fight For Your Right (To Party!)“ der erste Welthit keine Partyhymne, sondern die Parodie einer solchen.

Regisseur und Buddhist

Adam Yauch beeinflusste die Beastie Boys im Weiteren nicht nur als MC und Bassist – in der Blütezeit von MTV trug er als Regisseur zahlreicher Musikvideos auch entscheidend zu ihrem Erscheinungsbild bei. Während der hier gern zur Schau gestellte Hang zum Aberwitz die ursprüngliche Skepsis einer Community bestätigte, die den Beastie Boys Verwässerung, Kommerzialisierung und Ausbeutung von Hip-Hop vorwarf, untermauerte die Band ihre Ausnahmestellung mit steter Arbeit. Das kommerziell erfolglose „Paul’s Boutique“ übte sich in eifrigem Sampling und „Check Your Head“ erweiterte den Sound in Richtung Funk und Jazz, ehe mit „Sabotage“ vom Album „Ill Communication“ eine weitere Sternstunde des „Rapcore“ gefeiert wurde.

Als es in den 90er-Jahren stiller um die Beastie Boys wurde, konvertierte Yauch zum Buddhismus und organisierte Konzerte für die Befreiung Tibets, zu dessen Unterstützung er auch einen Hilfsfonds gründete. Die Politisierung der Band schlug sich im Rahmen des US-Einmarschs im Irak 2003 auch mit der als Gratis-Download veröffentlichten Protestnote „In A World Gone Mad“ und dem wenig später erschienenen Album „To The 5 Boroughs“ nieder, das gleichermaßen zum Tribut an das New York der Post-9/11-Ära wie zum Abgesang auf die Präsidentschaft George W. Bushs geriet.

Nach den künstlerisch neuen Wegen des Instrumentalalbums „The Mix-Up“ aus 2007 musste mit „Hot Sauce Committee Part Two“ das achte Studioalbum der Band zuletzt aber verschoben werden, nachdem Yauch 2009 Ohrspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert worden war. Seine Absenz bei der Aufnahme der Beastie Boys in die „Rock And Roll Hall Of Fame“ (als bislang erst dritter Hip-Hop-Act) Mitte April ließ nichts Gutes erahnen. Am Freitag ist der verheiratete Vater einer Tochter in New York City gestorben. Er wurde 47 Jahre alt.

(Wiener Zeitung, 7.5.2012)

Keine Kommentare: