Mittwoch, April 23, 2008

Kreatives Spinnertum mit Aussage

Das der sogenannten Subkultur verpflichtete Donaufestival geht in seine vierte Saison: Ab 24. April in Krems

Wien/Krems. "Angst, Obsession, Beauty" – so lautet das Motto des ab 24. April wie gewohnt in Krems stattfindenden Donaufestivals. Womit schon impliziert wäre, worum es dabei auch gehen wird: Die Verhandlung existenzieller Gefühls- und Erfahrungswelten, das Gewahrwerden und die Verdichtung lauernder Gefahren und unabdingbarer Abgründe mittels Performancekunst (siehe Artikel nebenan) und zeitgenössischer Popmusik.

Dass hier vor allem die Randbereiche Letzterer ausgelotet werden, ist Programm. Bereits zum vierten Mal kümmert sich das 2005 neu positionierte Festival unter Intendant Thomas Zierhofer-Kin um eine Sichtung subkultureller, im besten Fall avantgardistischer Popentwürfe zwischen kreativem Spinnertum und zwingender Aussage.

Dabei geht Konfrontation vor Affirmation: In Zeiten zunehmender Entwertung von Musik zwischen Formatradio- und Klingeltonirrsinn, auf Meterware setzender Großfestivals und eingedenk unserer durch auf den schnellen Konsum einzelner MP3-Files zielender Internetplattformen wie Myspace oder Last.fm nur mehr geringfügig strapazierbaren Aufmerksamkeit ein willkommen zu heißender Ansatz.

Im Programm des bis zum 3. Mai an sieben Spieltagen über die Bühne gehenden Festivals finden sich heuer zwar keine großen Namen. Eine Ausnahme wäre die gerne über den schwammigen Genrebegriff "Alternative Country" assoziierte US-amerikanische Musikerin Charlyn Marshall alias Cat Power gewesen, deren Konzert wegen Stimmbandproblemen allerdings kurzfristig abgesagt wurde (am 30. April sind stattdessen die US-Rocker The Melvins zu hören).

Dafür aber setzt es ein ausgewogenes Line-Up, das neben bereits lieb gewonnenen Bands wie den Hidden Cameras, Liars, Xiu Xiu, Tortoise, The Go! Team oder Die Goldenen Zitronen auch neu zu Entdeckendes mit sich bringt: Etwa die zum eifrigen Kopfnicken ladenden, explizit lesbischen Raps des aus Brooklyn stammenden Duos Bunny Rabbit, die verhaltenen, an der Wanderklampfe gegebenen Songs des New Yorker Singer/Songwriters Scott Matthew, den störrischen Noise-Rock von Aids Wolf oder den atmosphärischen Post-Rock von Apse.

Auf Seiten der elektronischen Klangkunst stellt Tim Hecker seine blubbernden Ambient-Sounds vor, der gebürtige Brasilianer Amon Tobin lässt im Zuge seiner von Jazz und HipHop inspirierten und mit reichlich Percussions abgerundeten Tracks organische Sounds auf knarzendes Elektro-Gefrickel treffen, die Grazer Musikerin Eva Jantschitsch alias Gustav gibt mit der Trachtenkapelle Dürnstein Eindrücke ihres im Mai erscheinenden Zweitlings, Fischerspooner haben ein DJ-Set vorbereitet.

Als unbedingter Höhepunkt gilt der Auftritt von Phosphorescent, die sich in durchaus trauermarschtauglichen Songs mit zuarbeitendem Akkordeon und schmachtenden Chorgesängen ebenso um Romantik wie die Kanalisierung von Männerschmerz bemühen, sowie das erste Österreichkonzert des schwedischen Crooners Jay-Jay Johanson, der sich auf einem Nährboden aus Trip-Hop, zart-bitterer Knusperelektronik und vom Jazz her kommenden Kompositionen bevorzugt zwischenmenschlichen Tragödien widmet. Siehe auch: "She’s mine – but I’m not hers!"

(Wiener Zeitung, 23.4.2008)

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