Donnerstag, April 03, 2008

Suche nach perfektem Song

Wien. Als postmodernem Schlagwort haftet dem Gedanken des "Anything goes" ein negativer Beigeschmack an. Schließlich sind Ideologien hinfällig, wenn alles möglich – und vielleicht sogar egal – ist. Gerade aber Pop wäre ohne auf bewussten Tabubruch setzende Grenzüberschreitungen nicht denkbar, die spannendsten Arbeiten entstehen nicht selten aus der Verwebung des Unverwebbaren.

Angesichts solcher Überlegungen und tatsächlich alles mit allem verbindender Künstler wie etwa dem Experimentalkollektiv Chrome Hoof, das Jazz und Death-Metal miteinander kombiniert, sind Scenario Rock aus Frankreich noch dezent, was stilistische Brückenschläge betrifft.

Wie sich die Band um Mehdi Pinson auf ihrem Debüt "Endless Season" (2004) wankelmütig an verschwitztem Dancefloor-Pop, lyrischem Rock und vom Punk her kommenden Gitarrenbrettern – nebst Soul-Einsprengseln und einer Portion Funk – abarbeitete, konnte sich jedenfalls hören lassen.

Für den erstaunlich homogen ausgefallenen Zweitling "Histrionics", der am Samstag ab 22 Uhr im Wiener Fluc vorgestellt wird, gilt dieses Motto aber kaum mehr. Ohne Effektgerät gespielte Gitarren und auf Melancholie gestimmte Klaviermotive, dezente elektronische Klangflächen sowie ab und an zuarbeitende Streichergruppen und Bläsersätze führen die Band auf ihrer Suche nach dem perfekten Song recht entschlossen durch klassische Popentwürfe. Und das hat große Klasse.

(Wiener Zeitung, 15./16./17.3.2008)

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