Freitag, Juni 06, 2008

Tinariwen: So tönt die Wüste

Es ist kein leichtes Los, das den Musikern von Tinariwen in unseren Breitengraden beschieden ist: Werden sie hier doch zum einen über den schwierigen Begriff der Weltmusik rezipiert, und zum anderen gar als "Rolling Stones der Sahara" bezeichnet.

Letzteres ist ausgesprochener Humbug, der aber zumindest mehr Aufmerksamkeit auf dieses unbedingt gehört gehörende Kollektiv aus dem nomadischen Volk der Tuareg lenken sollte. Insofern also doch: Würdig und recht. Immerhin gelten Tinariwen, vor denen sich bereits Größen wie U2, Carlos Santana, Robert Plant (Led Zeppelin) oder Coldplay verneigten, hierzulande noch immer als Geheimtipp.

Die Band, die am Donnerstag eine bestens gefüllte Szene Wien unterhält, erzählt in ihren Liedern auf Tamashek oder, seltener, Französisch über das beschwerliche Leben in unwirtlichen und schwer zu bewirtschaftenden Wüstenlandschaften: „Aman Iman“ – Wasser ist Leben – heißt das dritte auch im „Westen“ vertriebene Album, dem die schon seit 1982 aktive Band in ihrer Heimat zahlreiche, ausschließlich auf Kassetten verbreitete Arbeiten vorangehen ließ. Ihre Songs tragen Titel wie „Amassakoul n Ténéré“ (Reisender in der Wüste), auch der schwierige Status der Tuareg als nach Unabhängigkeit strebendes, davon aber immer wieder abgehaltenes Volk steht im Zentrum.

Diese also doch recht schwierigen Inhalte zeitigen musikalisch aber, wenn schon nicht hundsfröhliche, dann zumindest stets beschwingt-tanzbare Ergebnisse. Zu acht präsentiert man Musik, die malische Klänge, bisweilen auch vom arabischen Raum her inspiriert, mit Blues und Rock zusammenbringt und sich mithilfe einer Darbuka-Trommel und reichlichen Händeklatschens in repetitivem, quasi-mantrischem Liedgut entlädt, dessen Sogwirkung man sich weder entziehen kann – noch will!

Bis zu drei Gitarren sind gleichzeitig im Einsatz und sorgen für Funk; Ibrahim Ag Alhabib reißt die Saiten seiner Les Paul kurz an, oder er legt frei Gedeutetes über heftig pulsierende bis zart geschlenzte Grundrhythmen. Dazu setzt es Ausdruckstänze und bisweilen auch kreischenden Backgroundgesang: Toll!

(Wiener Zeitung, 7./8./6.2008)

Keine Kommentare: