Die Yeah Yeah Yeahs gastierten mit ihrem aktuellen Album in Wien
Was wäre Freund Rock’n’ Roll ohne ausgestellte Lässigkeit? Ohne Hang zu großen Gesten, ohne Glamour und Pose? Nicht erst dieser Tage muss die Antwort lauten: Nicht nichts, aber zumindest weniger.
Zwar hat sich Pop schon immer auch über Äußerlichkeiten definiert. Eine beständig an der Perfektionierung des Starsystems arbeitende Industrie, der Marketingetats zunehmend wichtig wurden, schraubte die Spirale diesbezüglich aber noch einmal in die Höhe. Brands, Images, Trademarks. Auch ich bin eine Ikone! Und sei es nur für 15 Minuten.
Die Ideengeschichte der Postmoderne brachte in diesem Zusammenhang einiges in Bewegung. Stichwort: David Bowie, das Pop-Chamäleon. Madonna, die Stilhopperin. Wer wechselt sein Image am schnellsten? Dass ausgerechnet die Yeah Yeah Yeahs in diesen Chor einstimmten, mag manchen aber doch überrascht haben. Schließlich liegen die Wurzeln des Trios in einem Fach, das Oberflächenglanz zu Gunsten von Inhalten einst aus Prinzip hintanstellte.
Wüster Garagensound, punkartig, ungeschliffen, laut. Nach dem glatteren Zweitling "Show Your Bones" ist die Band mit ihrem aktuellen Album "It’s Blitz", das am Dienstag auf dem bestens gefüllten Open-Air-Gelände der Wiener Arena mit einem durchwachsenen Konzert vorgestellt wurde, plötzlich in der Disco gelandet. Vintage-Synthesizer entführen auf den Dancefloor. Dort wartet der bestmögliche aller fatalen Späße. Es geht um die Anliegen junger Menschen zwischen Party und Balz-Tanz: "Off with your head/ Dance till you’re dead/ Heads will roll/ On the floor!!"
Dabei gefallen die Yeah Yeah Yeahs immer wieder. Mindestens eine Handvoll guter Songs geht sich pro Album aus. Live drängt sich aber vor allem eine Frage in den Vordergrund: Wofür steht diese Band eigentlich?
Die Formation um Frontfrau Karen O. untergräbt die Erwartungshaltung neuer Fans im ersten Konzertdrittel mit älteren Songs, denen es nicht an roher Drastik mangelt. Boing, bumm, tschack. Aaaaah! Mit "Human Fly" wird auch ein Cover der geschätzten Psychobilly-Band The Cramps geboten. Karen O., die knapp bemessene Stoffreste am Körper trägt und Schabernack mit ihrem Kopftuch treibt, schreit, kreischt und stöhnt. Sie geht auf die Knie und steckt sich das Mikrofon in den Mund. Wir erleben eine quietschfidele Tanzmaus als begnadete Bühnenfigur. Dass sie in den Gesangspassagen gern einen guten Halbton neben dem Ziel landet, fällt da auch nicht weiter ins Gewicht.
Wenig später schon wird es zu den wabernden Synthie-Sounds von "Skeletons" brutal handzahm und lieblich. Der Spannungsbogen der Aufnahme wird live nicht erreicht, das Lied beginnt, verharrt und endet im Nirgendwo. Eine akustische Version von "Maps" stößt in eine ähnliche Richtung und erklärt, warum Nick Zinner die Stromgitarre näher ist als die akustische. Dazwischen tanzt man durch die Disco. "Zero", "Heads Will Roll" – die zwei erhabenen Songs des neuen Albums – und das an New-Wave-Zeiten gemahnende "Soft Shock" funktionieren an diesem Abend dann auch am besten.
Am Ende steht aber wieder der Anfang. "Date With The Night". Sex, Drugs, Rock’n’Roll. Kawumm, padauz, aaaah! Eh, aber wie jetzt?
(Wiener Zeitung, 2.7.2009)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen