Der britische Sänger Steven Patrick Morrissey begeisterte mit einem späten, ersten Wien-Konzert.
Sein erstes Wien-Konzert eröffnet Morrissey mit „This Charming Man“, einem Song seiner Ex-Band The Smiths – der vielleicht prägendsten Formation eines wie auch immer definierten Alternative Rock.
Doch wird bei aller Euphorie ob der Anwesenheit dieses Großmeisters schnell klar: Wer dem 50-Jährigen in seinem Soloschaffen die subtile Ader der Smiths – zu Unrecht – schon einst absprach, und seinem aktuellen Album „Years Of Refusal“ – durchaus zu Recht – unterstellt, mit satten E-Gitarren eher ins Rockistische abzudriften, der könnte mit diesem Konzert seine liebe Not haben.
Der neue Sound wird live nämlich auch so manchem Klassiker aufgezwungen. Anstelle der lyrisch verträumten Gitarre Johnny Marrs wird „This Charming Man“ von hart gesetzten Riffs bestimmt. Das muss man mögen.
Nichtsdestotrotz wird das Konzert im Gasometer, auch und vor allem der Bühnenpräsenz des Sängers wegen, zum erwarteten Triumph. Mit fünfköpfiger Band stellt der Mann mit der Götterstimme jenes Material in den Vordergrund, das seit seinem Comeback im Jahr 2004 entstanden ist. Wir hören Hits wie „Irish Blood, English Heart“ oder das als Zugabe euphorisch abgefeierte „First Of The Gang To Die“. „Life Is A Pigsty“ wird zu Donnergroll gegeben, Morrissey bemüht sich um Melodramatik. Neue Songs wie „Black Cloud“, das mit Mariachi-Trompete dargebrachte „When Last I Spoke To Carol“ oder „That’s How People Grow Up” reihen sich an große Smiths-Hadern wie „How Soon Is Now?“ oder „Ask“. Ausreißer in Richtung Rockabilly setzt es mit „The Loop“, verhaltener wird „Why Don’t You Find Out For Yourself“ samt akustischer Gitarre und Akkordeon gegeben.
Morrissey gelingt es, sein über bald drei Jahrzehnte gleich gebliebenes Kernthema nach wie vor glaubhaft zu verhandeln. Es geht um unerfüllte Sehnsüchte und deren Ausgeburten. Weltschmerz und Weltekel bestimmen sein Reich.
Am Ende lässt sich der Crooner von den Fans in den vorderen Reihen die Hände schütteln, gratulieren, lobpreisen. Morrissey ist zu Lebzeiten eine Legende. Und er weiß es.
(Wiener Zeitung)
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